Sail Shipped Coffee

Der Italiener Daniel Kravina bringt gemeinsam mit seinem Bruder Oscar seit 2018 segelgeschiffte grüne Kaffeebohnen nach Europa, aus denen Österreichs erster segeltransportierter Kaffee unter der Marke Brigantes entsteht.

Die Initialzündung kam vom leidenschaftlichen Bootsbauer Oscar Kravina, der das alte Segelfrachtschiff Brigantes seit 2016 restauriert. „Mein Bruder hatte schon immer die Vorstellung, diese wunderschönen Schiffe, die für den Transport von Waren konzipiert waren, wieder ihrer ursprünglichen Bestimmung zuzuführen. Der sozialökologische Aspekt spielt dabei ebenfalls eine große Rolle – denn ein Segelfrachtschiff verbraucht wesentlich weniger Ressourcen als ein Frachttransporter – von 10.000 km werden 9000 gesegelt“, so Daniel Kravina im Interview. 

Eine gemeinsame Flotte 

Damit sind sie nicht die Ersten, bereits seit 2007 transportiert das holländische Segelfrachtschiff Tres Hombres den gleichnamigen Rum über den Atlantik in die Niederlande. Die Dauer, die Fässer und die schaukelnden Bewegungen verleihen ihrem Rum einen besonderen Geschmack. Das deutsche Segelschiff Avontuur stach im Jahr 2016 in See, seitdem bringt sie nachhaltig Waren nach Europa, unter anderem auch die Kaffeebohnen für Brigantes. „Während wir die Brigantes einsatzbereit machen, bauen wir die Marke weiter aus und lassen uns von den anderen Schiffen transportieren. Das Ziel war, eine eigene Segelflotte zu formieren, zu denen die drei Schiffe „Tres Hombres“, „Avontuur“ und die „Brigantes“ gehören. Gemeinsam segeln wir heute schon mehr als 100 Tonnen grünen Kaffee nach Europa, wobei der Brigantesanteil noch lediglich 10% davon 

Raus aus der Romantikecke

Trotzdem ist das Produkt Segelkaffee noch weitgehend unbekannt; zu stark ist die Streuung der vielen kleinen Röster, die sich für diesen besonders nachhaltigen Kaffee entschieden haben, zu unkoordiniert und territorial die Marketingmaßnahmen. Jede(r) einzelner Röster:in bedient kommunikationsmäßig seine eigene kleine Zielgruppe, wie Minnesänger, die im Mittelalter von Dorf zu Dorf zogen um ihre Geschichten zu erzählen. 

Wir haben es alle gemeinsam bis heute nicht geschafft, aus der Romantikecke, in der man uns sehr gerne und verständlicherweise positioniert herauszukommen. Dabei geht es uns um viel mehr als nur den Kaffee zu segeln. 

„Auf unserer Webseite haben wir versucht zu zeigen, dass es mehrere Anbieter gibt. Dennoch haben wir noch nicht die kritische Menge erreicht, um aus der Romantikecke herauszukommen und die Glaubwürdigkeit für die Dimensionen zu haben, die ein Wirtschaftssystem heutzutage erwartet.“

Mehr als Bio

Im Großhandel wird der Brigantes Kaffee dennoch nicht so bald zu finden sein, denn dafür reichen heute die Größenordnungen noch nicht um die Bedürfnisse der heutigen Distributionsgiganten zu befriedigen. Und davon möchte sich Daniel Kravina mit seiner Marke klar abgrenzen. Es geht bei Brigantes eben nicht nur um den ökologischen Aspekt des Transporters, sondern die heutigen Maßstäbe des Konsums zumindest zu hinterfragen. Unser Segler kann bis zu 100 Tonnen Kaffee transportieren. Wenn wir es schaffen, 100 Tonnen Brigantes-Kaffee pro Jahr umzusetzen, dann können wir die Bauern, Segler und Röster fair bezahlen, sodass wir alle gut davon leben können. Wenn wir das geschafft haben, dann haben wir ein in sich stimmiges faires Wirtschaftsmodell kreiert, welches replizierbar für andere ist. So ein Modell ist aber mit der Endlosskalierbarkeit der heutigen Distribution, bei dem es um Menge und Masse geht, nicht kompatibel“, ist Daniel Kravina überzeugt. Auf der Webseite von Brigantes präsentiert er deswegen mehrere Anbieter: den Kaffee kann man z.B. bei markta erstehen oder über click and collect direkt auf der Webseite brigantes.eu bestellen. 

Nachhaltige Zukunft

Gefragt nach den Zukunftsplänen seines Unternehmens sagt Kravina: „Natürlich möchten wir die Brigantes fertigstellen, doch dafür fehlt uns zurzeit das Geld. Also müssen und wollen wir die Kaffeeumsätze steigern und unseren Bekanntheitsgrad erhöhen. Wir versuchen, Sail Shipped Coffee bekannter zu machen und weitere Röster:innen davon zu überzeugen, auch Teile ihres Kaffees von uns zu beziehen. Wir müssen den Punkt erreichen, an dem wir die Nachfrage nach gesegeltem Kaffee so stark pushen, dass es für jeden klar wird, dass man Schiffe braucht und wir Investoren an Bord bringen können. Während Konsument:innen und Gastronom:innen schon die Stärke dieses Produktes erkannt haben, sieht man uns in der Finanzwelt noch mit viel Skepsis, weil diese andere Parameter festlegt – die Skalierbarkeit, der kurzfristige Return of Investment oder 20 Prozent Renditen können wir nicht anbieten. Das sind allerdings die Standards, welche heutzutage in vielen Situationen gefordert werden.

Wir brauchen ein klares Umdenken auf vielen Ebenen. Ob im Konsum oder in der Mobilität, Energiewirtschaft oder auch Finanzwelt werden Begriffe wie Entschleunigung, Hinterfragung, Redimensionierung… die heutigen Maßstäbe in Frage stellen. Dies in einer Gesellschaft zu etablieren, die seit Jahrzehnten vom Wachstumsgedanken geprägt worden ist wird „etwas“ Zeit benötigen.

Fotos: Brigantes