Straßburg – die Hauptstadt des Elsass – trägt ihre bewegte Geschichte ganz offen zur Schau. Unterschiedlichste Baustile und Viertel zeugen heute von der langen und wechselhaften Vergangenheit der mal französischen, mal deutschen Stadt.
von Sarah Heftberger
Im Norden des Stadtgebietes – Neustadt genannt – säumen prunkvolle Bauwerke aus der Zeit der preußischen Annexion zwischen 1871 und 1914 die Straßen und Plätze. Straßburg sollte damals zum „Schaufenster“ des Reichslandes Elsass-Lothringen werden, diese Bestrebung spiegelt sich heute in den monumentale Gebäuden, langen Prachtstraßen und weiten Plätzen wider, die in dieser Form und Konstellation nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges anderswo nur noch selten zu finden sind.
Auffallend sind auch die vielen unterschiedlichen Baustile im auch als „deutsches Viertel“ bekannten Stadtteil: neo-barocke Stadtpaläste reihen sich hier an Gebäude im Stile der italienischen und deutschen Neo-Renaissance, des Jugendstils oder der Neugotik. Seit 2017 ist dieses außergewöhnliche Bauensemble auch deshalb Teil des UNESCO Weltkulturerbes.
Auf ins Mittelalter
Spaziert man dann über eine der 21 Brücken, die den Rest der Stadt mit der „Grand Île“, der Altstadt Straßburgs, verbindet, findet man sich unversehens im Mittelalter wider. Unter die charmanten Fachwerkhäuser mit den verstrebten Holzbalken mischen sich immer wieder ganz besondere Architekturjuwelen: etwa das Haus Kammerzell im Stile der Renaissance, dessen reiche Verzierungen in Form von Schnitzereien und die Butzenscheibenfenster ein wahrlich einzigartiges Denkmal einer lang vergangene Zeit sind. Das Fundament geht gar auf das 15. Jahrhundert zurück.
Direkt daneben, im Zentrum eines weiten, mit Kopfsteinen gepflasterten Platzes, überragt das Herzstück der Stadt die restlichen Bauwerke: das Straßburger Münster, auch als Notre Dame bekannt, thront hier in seiner heutigen Form bereits seit fast 600 Jahren auf den Grundmauern einer 1015 erbauten romanischen Basilika. Seine Fertigstellung dauerte fast drei Jahrhunderte – 1439 wurde schließlich die Turmspitze einer der bis heute größten Sandsteinbauten der Welt fertiggestellt. „Ein Wunder – so unermesslich, und zierlich doch zugleich“, so beschrieb der große französische Schriftsteller und Politiker Victor Hugo einmal die bis zu 142 Meter hohe Kathedrale.
Nur einen Katzensprung entfernt zeugt der Rohan-Palast von der fürstlichen Lebensart im 18. Jahrhundert. Der Palast im klassischen Stil der großen Pariser Stadthäuser bietet heute Raum für zahlreiche Museen, darunter das Archäologische Museum, das Museum der schönen Künste und das Kunstgewerbemuseum.




Klein Frankreich in Straßburg
Spaziert man in den Westen der Altstadt, kommt man in den wohl malerischsten Stadtteil der Straßburger Altstadt. Im „Petite France“ wurde früher auf den steilen Dächern der Fachwerkshäuser Leder gegerbt und getrocknet, heute ist das Viertel bekannt für seine traditionellen Restaurants, gemütlichen Cafés, Kunsthandwerksläden und vor allem für den wunderbaren Ausblick auf die Kanäle der Ill, in denen sich die charmanten Häuser spiegeln.
Unweit vom Zentrum von „Petite France“ sorgte der Vauban-Wehr ab dem 17. Jahrhundert für den Schutz der Grand Île. Der Militäringenieur Vauban entwarf den Wehr, damit der südliche Teil der Stadt im Falle eines Angriffs geflutet werden konnte. Heute bietet eine Aussichtsterrasse auf dem Bauwerk einen wunderbaren Blick auf die Stadt und den Verlauf der Kanäle.
Im architektonischen Kontrast zum historischen Kern der Stadt, die übrigens als Symbol der französisch-deutschen Versöhnung gilt, steht das Europaviertel, das ab dem Zweiten Weltkrieg errichtet und seither immer wieder um neue Gebäude aber auch Institutionen ergänzt wurde. Im Zentrum des Viertels steht der 1999 eingeweihte gewaltige Glaspalast des Europäischen Parlaments, in dessen Plenarsaal mit 750 Sitzen die Abgeordneten der EU tagen. Darüber hinaus ist Straßburg u.a. Heimat des 1949 gegründeten Europarates, des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, der Europäischen Wissenschaftsstiftung und der Internationalen Weltraumuniversität. Im Lieu d’Europe, das in einer Villa aus dem 18. Jahrhundert untergebracht ist, kann man sich über die Geschichte Europas und die europäischen Institutionen ausführlich informieren.
Neben den außergewöhnlich vielseitigen Stadtvierteln und Gebäuden fällt in Straßburg noch etwas ins Auge: die zahlreichen Störche, die seit einigen Jahrzehnten wieder in einer Vielzahl über der Stadt kreisen, mit ihren Schnäbeln klappern und überall ihre Nester bauen. Die schwarz-weiß gefiederten Freunde waren beinahe aus Straßburg bzw. aus dem Elsass verschwunden, ehe ein Rettungsprogramm sie wieder heimisch machte. Heute vervollständigen sie das Stadtbild und sind gar zum Wahrzeichen der Stadt und der gesamten Region geworden.
Tipps:
Übernachten im Hotel Hannong: www.hotel-hannong.com, 15 Rue du 22 Novembre, 67000 Strasbourg
Wein und Käse verkosten im Un Cantalou à Strasbourg, www.uncantalou.fr, 100 Grand’Rue, 67000 Strasbourg
Schick Essen gehen im Pompette Strasbourg, IG: pompette_sxb, 8 Rue des Tonneliers, 67000 Strasbourg oder in der Brasserie Des Haras, www.les-haras-brasserie.com, 23 Rue des Glacières, 67000 Strasbourg
Traditionell Essen gehen im Saint Sépulcre, www.saintsepulcre.fr, 15 Rue des Orfèvres, 67000 Strasbourg
Das traditionelle Meteor Bier probieren im Le Meteor, www.lemeteor.fr, 10 Rue du 22 Novembre, 67000 Strasbourg
Vom Wasser aus die Stadt entdecken mit Batorama, www.batorama.com
Das einzigartige Voodoo-Museum besuchen, www.chateau-vodou.com, 4 Rue de Koenigshoffen, 67000 Strasbourg