Am 03. Juli 2024 veranstaltete das Österreichisch-Deutsche Länderforum Austria, gemeinsam mit dem Institut für Europa- und Sicherheitspolitik (AIES) und in Zusammenarbeit mit der Diplomatischen Akademie Wien (DA) eine Diskussion mit Prof. Dr. Martin Selmayr, ehemaliger Generalsekretär der Europäischen Kommission und Gastprofessor für Europarecht an der Universität Wien. Herr Selmayr analysierte die Wahlergebnisse und skizzierte die neuen Strukturen der europäischen Institutionen, wobei er wertvolle Einblicke in deren Funktionen gab.
In seiner Präsentation erörterte Selmayr die Bedeutung von Wahlen innerhalb der Europäischen Union als entscheidende Momente für demokratische Erneuerung und Verantwortlichkeit. Er betonte, dass Wahlen die Zusammensetzung sowohl der nationalen Regierungen als auch des Europäischen Parlaments beeinflussen, was die politische Landschaft der EU prägt. Die EU-Wahlen betrachtete er als Startpunkt für institutionelle Zyklen, die die Regierungsbildung und Gesetzgebung einschließen.
Selmayr beschrieb die EU als eine mehrstufige Demokratie, die er mit einem dreidimensionalen Schachspiel verglich, bei dem sowohl nationale als auch europäische Ebenen synchronisiert werden müssen. Die politischen Prioritäten variieren stark zwischen den Mitgliedstaaten, was die Komplexität der EU-Governance erhöht. Er betonte auch die Rolle des Europäischen Rates, der nationale Interessen mit EU-Initiativen ausbalancieren muss, und wies darauf hin, dass strategische Agenden oft übersehen werden.
Die Wahl des Kommissionspräsidenten und anderer hoher EU-Beamten erfordert ein komplexes Abstimmungsverfahren, das eine qualifizierte Mehrheit voraussetzt und sicherstellt, dass keine Mitgliedstaatengruppe andere dominieren kann. Selmayr hob die Bedeutung von Kompromissen und Konsensbildung in diesem Prozess hervor, welche wesentlich sind, um die diversen Interessen innerhalb der EU auszugleichen.
Er sprach sich für eine straffere Europäische Kommission aus, die effizienter agieren könnte, wenn sie nicht durch übermäßige Ernennungen überlastet wäre. Die Rolle des Kommissionspräsidenten sei entscheidend, da dieser mit dem Rat zusammenarbeiten muss, um ein geeignetes Team zu bilden, das die Zustimmung des Europäischen Parlaments finden muss.
Abschließend betonte Selmayr die Notwendigkeit eines starken und geeinten Europas, das in der Lage ist, globalen Herausforderungen effektiv zu begegnen und dabei seine demokratischen Werte zu wahren. Er unterstrich, dass technische Expertise und diplomatisches Geschick wesentlich für die Führung der EU sind, und rief zu fortgesetztem Engagement für eine robuste, konsensorientierte EU-Politik auf.
Nach einer lebendigen Diskussionsrunde wurde zu einem Sommerempfang gebeten.