Schweden im EU-Vorsitz: Ein Krisenmanager

Die EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2023 wird in die schwedische Geschichte eingehen. Schweden musste ein permanentes Krisenmanagement bewältigen. Die Hauptaufgaben – Ukraine, Energie, Klima, Migration – ließen keinen Stillstand zu. Mit diesen Problemen war bereits Tschechien, Schwedens Vorgänger im EU-Vorsitz, vollbeschäftigt. Nachfolger Spanien wird es nicht anders ergehen.

Von Hermine Schreiberhuber

Schweden stehe für die Europäische Union vor historischen Herausforderungen, sagte Ministerpräsident Ulf Kristersson bei Antritt des Vorsitzes. Ein Ziel sei, die EU „grüner, sicherer und freier“ zu machen und Europa „eine starke Stimme in der Welt“ zu geben. Als Prioritäten nannte er Sicherheit und Einheit, Wettbewerbsfähigkeit, Grünen Wandel und Energiewende, demokratische Werte und Rechtsstaatlichkeit.

Dabei hatte Kristersson selbst die Regierungsspitze erst im Herbst 2022 von Magdalena Andersson übernommen. Die dritte Ratspräsidentschaft Schwedens seit dem EU-Beitritt – nach 2001 und 2009 –  spielte sich, so der Premier, vor dem Hintergrund der schwersten Sicherheitskrise seit dem Zweiten Weltkrieg ab. Wie Finnland und Österreich ist Schweden seit 1995 Mitglied der Union.

Im Rahmen der Trio-Ratspräsidentschaft – mit Frankreich und Tschechien – widmete sich Schweden der Bewältigung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Covid-Pandemie, der Stärkung des Binnenmarktes und der digitalen Transformation. In der Außenpolitik lag der Fokus des Führungstrios auf globaler Ausrichtung und Multilateralismus. In der Migrations- und Asylpolitik wird hart um eine gemeinsame EU-Linie gekämpft.

Eine historische Entscheidung löste Russlands Krieg gegen die Ukraine aus. Mit großer Mehrheit beschlossen Finnland und Schweden, die bewaffnete Blockfreiheit aufzugeben und der NATO beizutreten. Für Finnland, mit seiner langen direkten Grenze zu Russland, gaben im April alle NATO-Partner grünes Licht, doch bei Schweden blockiert die Türkei. Schwedische Diplomaten halten eine NATO-Mitgliedschaft aller EU-Partner für erstrebenswert.

Der Ukraine-Krieg hält die westlichen Partner in Europa und Amerika in Atem. Im breiten Konsens fiel die Entscheidung für Militärhilfe an die Ukraine und Sanktionen gegen Russland. Weitere Sanktionspakete sollen beschlossen werden. Bezüglich China wurde in Stockholm um eine einheitliche EU-Haltung gerungen. Peking, das den russischen Angriffskrieg bisher nicht verurteilt hat, solle seinen Einfluss in Moskau im Hinblick auf eine Beendigung des Krieges geltend machen.

Ausdruck des vor allem durch den Ukraine-Krieg geforderten Krisenmanagements war die hohe Zahl an Gipfeltreffen während des schwedischen EU-Vorsitzes. Die russische Aggression schweißte die Europäer zusammen und forderte in der EU enge Abstimmung in vielen Bereichen. Auf Schweden kam auch die Aufgabe zu, europäische Länder außerhalb der EU einzubinden. Denn das Bedrohungsszenario wirkt sich auf ganz Europa aus.

Der nächste Ratsvorsitzende Spanien wird große Aufgaben von Schweden „erben“. Ukraine, Klima und Energie, Asylpolitik sind Herausforderungen, die sich nicht in sechs Monaten bewältigen lassen. Zudem soll im Juni 2024 auch ein neues EU-Parlament gewählt werden.

(c) Dario Pignatelli