Rot-weiß-rote Chancen am Wachstumskontinent Afrika

SOCIETY-Gastautor und früherer Wirtschaftsdelegierte Rudolf Thaler berichtet über seine Eindrücke zum Africa Day 2023, der als Hybridevent in Wien und online stattgefunden hat.

Afrika kommt immer mehr auf den Radar österreichischer Unternehmen. Beim hybriden 6. Africa Day 2023 der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) gab es eine Rekordbeteiligung von 1.000 Teilnehmern. “Mit dem Africa Day richten wir die Chancen in verschiedensten Wirtschaftsbereichen und Regionen für österreichische Exportbetriebe und nutzen das Trampolin der Diversifikation”, betont Mariana Kühnel, stellvertretende Generalsekretärin der WKO. Eröffnet wurde der Africa Day 2023 von WKÖ-Vizepräsidentin Carmen Goby und Generalsekretärin Eva Landrichtinger im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft. Der Leiter der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA und Mister Export, Michael Otter, ermöglicht den teilnehmenden Unternehmen mit seinem Team und den Wirtschaftsdelegierten am afrikanischen Kontinent die vielfältigen Chancen und Herausforderungen zu sondieren. Unternehmer schätzen Erste-Hand-Informationen der Wirtschaftsdelegierten und das Vernetzen mit Botschaftsvertretern, afrikanischen Unternehmern und Playern in Afrika. 

“Africa is the next big thing”…

… unterstrich Herbert Krapa, Ghana’s stellvertretender Minister für Handel und Industrie in seiner Keynote. Afrika ist eine 3,4-Billionen-USD-Wirtschaft mit vielen Perspektiven. Der Kontinent ist reich an Rohstoffvorkommen, die für Technologien des 21. Jahrhunderts benötigt werden. Angesagt ist dabei eine Steigerung der Industrialisierung. Zirka 65 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche der Welt liegen in Afrika, dementsprechend bedeutend ist der Sektor Agribusiness und die verstärkte Verarbeitung vor Ort. Der globale Schokolade-Markt hat beispielsweise ein Volumen von 150 Milliarden US-Dollar, allerdings werden 70 Prozent der Kakaobohnen in der EU und USA verarbeitet. Bedeutend ist die Rolle der Digitalisierung zur Effizienzsteigerung. So laufen beispielsweise Prozesse in Häfen papierlos ab. In der dynamischen Startup Szene in Afrika wachsen Fintech Startups am schnellsten. 

Riesiges Potenzial für rot-weiß-rote Innovationen

Am Zukunfts- und Wachstumskontinent Afrika schlummert ein riesiges Potenzial an Chancen für rot-weiß-rote Anbieter innovativer Lösungen. 2021 betrugen die österreichischen Exporte nach Afrika 1,9 Milliarden Euro. Für 2022 erwartet die Wirtschaftskammer Österreich das Erreichen der Zwei-Milliarden-Euro-Marke. Die österreichischen Exporte in unseren Nachbarkontinent mit 54 Ländern und einer Bevölkerung von geschätzten 1,3 Milliarden Menschen sind nur ein Viertel so groß wie die Exporte in die Schweiz und dementsprechend ausbaufähig. 

Chancen für innovative Lösungen liegen beispielsweise in den Bereichen erneuerbare Energien, Wasserwirtschaft, Agribusiness, Verpackungswesen, Infrastruktur, Abfallwirtschaft, Medizintechnik, Eisenbahnsektor und Digitalisierung. Nordafrikanische Länder wie Algerien und Tunesien sind interessante Alternativen bei der Gestaltung von Lieferketten. Die Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften und billiger Energie, die gleiche Zeitzone sind nur einige der Standortvorteile. Österreichische Transporteure stellen innerhalb von zwei bis fünf Tagen zu. In Ägypten ergeben sich zahlreiche Geschäftschancen in Folge geplanter Mega-Projekte in den Bereichen Mobility, grüne Technologien und Infrastruktur. Nigeria, die größte Volkswirtschaft Afrikas, ist trotz angespannter Staatsfinanzen ein sehr interessanter Markt. Südafrika lancierte im November 2022 den neuen Just Energy Transition Investment Plan (JET IP) mit einem 8,5 Milliarden Finanzpaket der Just Energy Transition Partnership mit Frankreich, Deutschland, UK, USA und der EU. In Ostafrika entsteht ein EU-ähnlicher Wirtschaftsblock, die sog. East African Community (EAC) mit den sieben Ländern Kenya, Tansania, Uganda, Ruanda, Burundi, Südsudan und der Republik Kongo. Die afrikanischen Länder haben sich bereits 2019 zur weltgrößten Freihandelszone zusammengeschlossen, der sog. African Continental Free Trade Area (AfCFTA). 

AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA plant die Eröffnung eines neuen Standorts in Abidjan in Côte d’Ivoire mit Schwerpunkt Projektgeschäft bei der dort angesiedelten Afrikanischen Entwicklungsbank. 

Tipps zur Marktbearbeitung 

Meine Eindrücke als ehemaliger Regionalmanager für Afrika und Organisator des zweiten Afrika Tages 2018 der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA haben auch heute noch ihre Gültigkeit : 

– Der afrikanische Kontinent ist mit seinen 54 Ländern ein vielfältiger und herausfordernder Markt. 

– Afrika ist ein Wachstumskontinent und dementsprechend interessant für innovative österreichische Unternehmen. 

– Erwarte das Unerwartete. Afrika ist keine Destination für einen Newcomer im Exportbusiness. 

– Afrika hat den Ruf eines schwierigen Marktes und ist klischeebehaftet. Der Blick auf das “andere Afrika” eröffnet Chancen. Schon bei der Ausrichtung des zweiten Afrika Tages im Jahr 2019 war bereits der erste Drohnen-Airport in Ruanda in Betrieb, um entlegene Gebiete zu versorgen. Afrika überspringt vielfach Technologiestufen, beispielsweise mangels Bankkonto direkt zum mobilen Wallet und von der Energiearmut zur Solarenergie. 

– Die Guidance der Wirtschaftsdelegierten in Algier (Lisa Kronreif), Casablanca (Albrecht Zimburg), Kairo (Georg Krenn), Lagos (Guido Stock), Nairobi (Edith Predorf) und Johannesburg (Martin Meischl) ist wichtig und ein Wettbewerbsvorteil gegenüber Unternehmen aus anderen Ländern, die nicht über eine derartige effiziente Serviceeinrichtung für die Exportwirtschaft verfügen, um die vielfältigen Chancen in nachhaltige Erfolge zu verwandeln. 

–  Voraussetzungen für den nachhaltigen Geschäftserfolg in Afrika sind Geduld, Kenntnis der regionalen Mentalität und etwaiger Barrieren, langfristiger Horizont und ein verlässlicher lokaler Partner. 

– “If you want to go fast, go alone. If you want to go far, go together”, heißt dementsprechend ein afrikanisches Sprichwort. 

– Die Teilnahme an Wirtschaftsmissionen, Messen und maßgeschneiderte Einzelreisen ermöglicht die vielfältigen Möglichkeiten vor Ort zu sondieren. 

– Frugale Innovationen eröffnen neue Chancen. Für den nachhaltigen Erfolg am afrikanischen Markt ist ein grundlegendes Überdenken der Marktbearbeitung zu überlegen. Der afrikanische Markt erfordert maßgeschneiderte Produkte. Gefragt sind vielfach robuste Produkte, die auf ihre Kernfunktion beschränkt sind. Lokale Innovationszentren helfen beim Aufspüren lokaler Lösungen. 

– Go Africa. Together. 

Fotos: Rudolf Thaler