Im Interview mit SOCIETY sprach der neue Direktor des tunesischen Fremdenverkehrsamtes in Wien, Nabil BZIOUECH, über die Besonderheiten seines Landes und seine Zukunftsvisionen im Bereich Tourismus.
Sie sind seit September 2020 neuer Direktor des tunesischen Fremdenverkehrsamtes in Wien. Was haben Sie sich für die nächsten Jahre in dieser Funktion vorgenommen?
Ich habe große Freude an dieser Herausforderung und bin, auch wenn mein Ziel vielleicht etwas utopisch anmuten mag, sehr optimistisch. Ich möchte tatsächlich die 100.000er Gästemarke (aus dem Jahr 2000) wieder erreichen. Immerhin habe ich dafür fünf Jahre Zeit und ich bin felsenfest davon überzeugt, dass der Tourismus nach der Krise regelrecht explodieren wird und sich die Schleusen – gerade aus Österreich – für Tunesien öffnen werden.
Es fehlen nur noch die letzten Schritte zum «Open Sky» Abkommen, dann haben wir gute Chancen, den internationalen Tourismus für unser Land zu gewinnen und individuelle und maßgeschneiderte Programme für alle Zielgruppen anbieten zu können.
Wir werden mit unseren neuen, modernen und nachhaltigen Produkten, die auf der gesunden Basis Badeurlaub an wunderschönen Stränden aufbauen und mit neuen Airlines nach langen, schwierigen Jahren zu den großen Gewinnern gehören. Jetzt kommt die Zeit für Tunesien.
Der Tourismus ist eine der Branchen, die am stärksten von der Corona-Pandemie betroffen ist. Wie kann man dieser Krise entgegenwirken und wie blicken Sie dahingehend in die Zukunft?
Die Zukunft unseres Tourismus liegt in der Umsetzung struktureller Reformen, eine Art „face-lifting“, um unseren internationalen Gästen ein neues Gesicht präsentieren zu können. In den nächsten zehn Jahren sehe ich eine Tourismuslandschaft in der „Strand & Badeurlaub“ einen wichtigen Erholungsfaktor bieten, aber es wird auch Alternativen im Landesinneren geben, die nachhaltigen und grünen Tourismus fördern. Wie zum Beispiel Urlaub bei den Einheimischen in landestypischen Gästehäusern bis hin zu privaten Palästen, die einen Einblick in unsere wunderschöne Kultur und Architektur bieten.
Auch der Inlandtourismus liegt uns mehr am Herzen denn je. Die Corona-Krise hat uns gezeigt, wie viel Potential in unserer eigenen Bevölkerung liegt. Besonders der Süden des Landes, die Sahara und die Oasenstädte ziehen viele Tunesier in den Wintermonaten in diese klimatisch bevorzugten Regionen.
Das Angebot für Touristen ist in Tunesien ausgesprochen vielfältig. Wie lautet Ihre ganz persönliche Empfehlung und gibt es einen speziellen Lieblingsplatz, den Sie in Tunesien haben?
Das Besondere an Tunesien ist die geographische Lage mit einem 1300km langen Küstenanteil und die leichte Erreichbarkeit im Herzen des Mittelmeers. Der internationale Flughafen Tunis-Carthage liegt nur zwei Stunden Flugzeit von den meisten europäischen Hauptstädten entfernt. Die Vielfalt des touristischen Angebotes verdanken wir den verschiedenen Klimazonen – der grüne Norden und die Wüste im Süden – und der Schönheit der unterschiedlichen Landschaften. Ich habe einen Teil meiner Jugend im Süden verbracht und fühle mich dort am wohlsten. Die Oasenstadt Tozeur unterscheidet sich wesentlich von den bekannten Badeorten wie Hammamet, Sousse oder Monastir. Inmitten des größten Palmenhains Tunesiens wurde die Medina von Tozeur aus Lehmziegel gebaut, die ocker-braune Farbe und der fast immer tiefblaue Himmel verleiht der Oasenstadt ein besonderes Ambiente. Von hier aus kann man Ausflüge mit dem Jeep in die nahen Berge und in die Sahara unternehmen. Den größten Salzsee „Chott El Jerid“ Nordafrikas überqueren, auf den Spuren von George Lucas die Original-Drehorte von Star-Wars besuchen oder mit den Nomaden eine Wüstenwanderung am Rücken eines Dromedars unternehmen. Immer mehr Gäste schätzen das angenehme Klima in den Wintermonaten und das tolle Angebot an Unterkünften: im abenteuerlichen Wüstencamp, inmitten der Dattelpalmen in der Baumhaus-Lodge, im privaten Gästehaus oder im neuesten Anantara-Resort Tozeur…es ist für jeden Geschmack etwas dabei. Mein Geheimtipp für den Sommer ist Tabarka an der wild-romantischen grünen Nordküste!
Zur Person
Nabil Bziouech wurde 1961 in Sidi Bouzid geboren. Er hat sein Studium der Betriebswirtschaft an der Universität in Tunis erfolgreich abgeschlossen. Nach seinen Funktionen als Berater des Präsidenten und Kabinettchef im Tourismusministerium, übernahm er die Generaldirektion des ONTT (Office Nationale du Tourisme Tunisien) in Tunis. Seit 14. September ist Bziouech der neue Direktor des tunesischen Fremdenverkehrsamtes in Wien. Sobald es die COVID-Pandemie zulässt, möchte er mit den wichtigsten touristischen Partnern in Österreich, der Schweiz, Serbien, Slowenien und Kroatien in Kontakt treten, um aus der Vielfalt Tunesiens neue Produkte für nachhaltigen Tourismus zu entwickeln.
Fotos: SOCIETY/Pobaschnig/fremdenverkehrsamttunesien