Österreich und Kanada: Eine einzigartige Verbindung

Im Zuge der neuen SOCIETY-Serie, die die Arbeit und das Wirken der österreichischen Kulturforen im Ausland beleuchtet, haben wir mit Lisa Butzenlechner, Direktorin des Österreichischen Kulturforums in Ottawa, unter anderem über die Besonderheiten der (kulturellen) Beziehungen zwischen Österreich und Kanada gesprochen.

2022 wurden 70 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Kanada und Österreich unter dem Motto „Austria & Canada: a unique bond“ gefeiert. Was macht die Verbindung zwischen den beiden Ländern – aus kultureller Sicht – so einzigartig?

Österreich und Kanada teilen ein gemeinsames Wertesystem – Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit. Dadurch sind wir natürliche Partner und können vieles voneinander lernen. Es gibt einen regen Austausch und großes Interesse von beiden Seiten an Kooperation und gemeinsamen Projekten. Dieser Austausch ist vielschichtig und umfasst u.a. Kunstschaffende, Institute, Museen, Universitäten und staatliche Institutionen. Die Arbeit des Kulturforums ist gerade im Zeitalter des Internets und Sozialer Medien eigentlich nur die Spitze des Eisbergs der komplexen kulturellen Beziehungen zwischen beiden Ländern. Auch auf kreativwirtschaftlicher Ebene gibt es Kooperationen, welche die lokale Kunstszene(n) positiv beeinflussen und bereichern. So wird beispielsweise die App des Wiener Kunst-Startups Artivive in der Window Wonderland-Ausstellung in Toronto genutzt, um die Augmented Reality Ebene der Kunstwerke sichtbar zu machen. All dies macht die Verbindung zwischen Kanada und Österreich besonders und die Arbeit hier in Kanada interessant und spannend.

Wie wird die österreichische Kultur in Kanada wahrgenommen?

Kanada ist ein Einwanderungsland und definiert sich als solches. In der kanadischen Volkszählung 2021 gaben knapp 200.000 Kanadierinnen und Kanadier an, österreichische Wurzeln zu haben, wobei viele der Vorfahren aus den ehemaligen Kronländern nach Kanada emigrierten. In ganz Kanada verteilt gibt es noch heute Österreichische Vereine, die unterschiedliche österreichische Traditionen pflegen – von Schuhplatteln über Eisstockschießen bis hin zu Wiener Bällen. Gleichzeitig arbeitet das Österreichische Kulturforum daran ein modernes Österreichbild zu vermitteln – ein nachhaltiges, zukunftsgewandtes und innovatives Land, das vieles zu bieten hat.

Was bedeutet Kulturarbeit für Sie persönlich? Wie viel Potenzial hat sie, um diplomatische Beziehungen zu stärken? 

Ich persönlich schätze die Kulturarbeit sehr, weil sie Flexibilität und Kreativität fordert: Man muss sich an das Gastland, neue Gegebenheiten und Entwicklungen anpassen, offen für neue Sichtweisen, Trends und Wege sein, gut kommunizieren und oftmals kreative Lösungen für komplexe oder unerwartet auftretende Probleme finden. Sie unterscheidet sich in diesen Aspekten kaum von meiner diplomatischen Arbeit und bereitet mir viel Freude.

Kultureller Austausch kann Gemeinsamkeiten und Unterschiede betonen, Selbstreflexion anregen und somit Verständnis, Respekt und Zusammenarbeit fördern und damit Brücken bauen. All das zeigt für mich die immense Bedeutung der Kulturdiplomatie, insbesondere in den turbulenten Zeiten, in denen wir leben, in denen außenpolitische Umbrüche unser liberales westliches Lebensmodell herausfordern.

Das österreichische Kulturangebot ist ja ein relativ breites und umfangreiches. Auf welche Aspekte fokussiert sich das Österreichische Kulturforum in Ottawa? Inwiefern passt man sich hier auch an das Gastland an? 

Wie in vielen Ländern verbindet man auch in Kanada Österreich gerne mit klassischer Musik, mit Wiener Bällen und Tradition. Dieses positive Bild nutzt das Kulturforum um jungen, österreichischen Musikschaffenden in Kanada eine Bühne zu bieten und um dem kanadischen Publikum aktuelle, österreichische Musik zu präsentieren. Neben der Musik ist mir persönlich ein Fokus auf Nachhaltigkeit und Innovation wichtig. In diesem Jahr ist das Kulturforum zum Beispiel in der Organisation des SCI_ART Symposiums in Ottawa involviert. SCI_ART zeigt die Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Forschung („SCIence“) auf der einen und Kunst („ART“) auf der anderen Seite. Mit der Ars Electronica hat Österreich in diesem Bereich seit Jahrzehnten eine Vorreiterrolle und sehr vieles zu bieten. Auf diese internationale Reputation bauen wir auf und haben für dieses Symposium die österreichische Künstlerin Susi Gutsche eingeladen, die mit ihrem Kunstprojekt „Tracewaste“ darstellt, welchen Einfluss unser Abfall auf unsere Umwelt hat. Im Rahmen des Symposiums wird auch das „Ars Electronica Animation Festival 2023 on Tour“ gezeigt, welche die größten Talente der Welt und deren neueste Animationskünste vorstellt.

Auf welches Projekt sind Sie besonders stolz?

Neben dem oben erwähnten SCI_ART Projekt freue ich mich besonders auf eine Artist Residency, die im Herbst hier in Ottawa stattfinden wird. Gemeinsam mit „Das Weiße Haus“, dem „Erste Bank Kunstpreis 2024“ und dem SAW Centre in Ottawa wird ein Künstler oder eine Künstlerin aus Österreich ausgewählt, die/der im Herbst eine Ausstellung in „Das Weiße Haus“ in Wien präsentieren soll. Im Anschluss verbringt die Person einen Monat in Ottawa und zeigt ihre Ausstellung im SAW Center. Aktuell sind wir im Auswahlverfahren. Dieser Prozess gestaltet sich sehr interessant und ich freue mich schon auf die finalen Projektvorschläge.

Beide erwähnten Projekte sind Teil der neuen Auslandskultur-Initiative „Imagine Dignity“. Diese hat den Anspruch, zur Gestaltung der Zukunft mit künstlerischen Visionen, kreativen Ideen und inspirierenden Formaten des Dialogs zwischen Künsten und Wissenschaften beizutragen und unterstreicht den Menschen als Teil eines komplexen Ökosystems.

Fotos: Lisa Butzenlechner