Bettina Kirisits: Die Kunst als Freiheit

In Bettina Kirisits‘ Brust schlagen zwei Herzen: eines für die Steuerberatung, das andere für die bildende Kunst.

von Sarah Heftberger

Eigentlich wollte die gebürtige Burgenländerin gleich nach der Matura Kunst studieren – „das war seit jeher mein Herzenswunsch“, betont sie im SOCIETY Interview. Ihre Eltern wollten diese Studienrichtung aber nicht unterstützen und so absolvierte sie nach der Handelsakademie ein Wirtschaftsstudium. „Dadurch bin ich dann in die Steuerberatung – mehr oder weniger – geschlittert.“ In diesem Bereich ist sie nun seit fast 30 Jahren tätig, hat sich auf Arbeits- und Sozialversicherungsrecht sowie auf Payroll Services spezialisiert, seit 2015 ist sie außerdem Partnerin in einer Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft im 3. Bezirk.

Ihr Ausgleich dazu ist die Kunst. 2011 erfüllte sie sich ihren Wunsch und begann eine künstlerische Ausbildung: Nach zwei Jahren Intensivlehrgang für Malerei sah sie sich am Ausbildungsmarkt nach Angeboten für Berufstätige um. Ein passendes Studium fand sie an der Universität für Angewandte Kunst Wien, an der sie schließlich bei Josef Kaiser und Rudolf Fuchs Akt und Methode des Gestaltens studierte. „Nach sieben Semestern hatte ich genug, ich wollte mich mehr auf den Mensch, auf Portrait, auf alles, was damit in Verbindung steht, fokussieren und neue Techniken und Zugänge lernen“, so die Künstlerin. Zwischen 2018 und 2020 besuchte sie dann eine Meisterklasse in Wien. Aktuell nimmt sie außerdem an einem Lehrgang für experimentelle Zeichnung teil. All das macht sie neben ihrer Berufstätigkeit. „Es macht einfach Spaß und ohne Kunst – ob aktiv oder passiv – kann ich einfach nicht sein. Das geht nicht, es ist unmöglich. Wie eine Pflanze ihr Wasser braucht um zu blühen, brauche ich die Kunst“, erklärt sie.  

Besonders prägend war für die in Wien, Burgenland und Kroatien lebende Künstlerin ein zweiwöchiger Lehrgang der Zhou Brothers, den sie 2018 in Deutschland absolvierte. „Das war sehr spannend, weil sie mir einen Zugang geschaffen haben, der ein bisschen abseits der klassischen Studien war. Ich habe dort einfach Freiheit gespürt, die Freiheit im Arbeiten“.

Ihre erste große Ausstellung fand ebenfalls 2018 in einer alten Backsteinfabrikhalle im 11. Bezirk statt. Danach wurde ihr angeboten, in der Galerie der Altkalksburger-Vereinigung in den Räumlichkeiten der Hofburg auszustellen. „Meine Werke hingen dann dort, wo zuvor noch Adolf Frohner-Arbeiten zu sehen waren, das war mir eine große Ehre“. Frohner ist nämlich neben Egon Schiele eines ihrer großen Vorbilder, zwei seiner Bilder sind auch Teil ihrer privaten Sammlung.

Persönlicher Austausch & besondere Projekte

Auf Facebook und Instagram verzichtet Kirisits. „Momentan bin ich mit Aufträgen ausgelastet und die meisten erhalte ich durch Mundpropaganda“. Der direkte Austausch ist für die Kunstschaffende viel wesentlicher.

(c) Fotos: Kirisits

Ein für sie sehr besonderes Projekt schloss sie erst kürzlich ab: die Ausstattung einer privaten Kapelle in der Steiermark, für die sie den Zuschlag erhielt und sich damit gegen einige renommierte österreichische Künstler durchsetzte. Dafür gestaltete sie zwei Werke mit je 4,20 mal 2,50 Meter auf Holz – ihr erster Versuch auf diesem Material. „Ich hatte eine Vorstellung und die musste umgesetzt werden. Ich experimentiere einfach sehr gerne. Ich glaube, dass die Kunst ja auch davon lebt, etwas zu schaffen, was es noch nie gegeben hat“. Mit den zwei Werken für die Kapelle traf sie jedenfalls genau ins Schwarze. „Der Bauherr wusste bis zum Schluss nicht, wie die Werke aussehen werden, weil er die Entscheidung, ob sie hängen werden oder nicht einer Fachjury überlassen hatte. Als dann der erste Heilige bereits montiert war und der zweite gerade angebracht wurde, stand er mit offenem Mund da und sagte: ,Sie haben mich heute glücklich gemacht‘.“ Für Kirisits ist es genau das, was sie mit ihrer Kunst erreichen will: Menschen glücklich machen.

Der Mensch – wie er sich bewegt, sich gibt, sein Ausdruck, Mimik, Gestik, sein Umfeld – ist für sie gleichzeitig auch die größte Inspirationsquelle. „Das ist ein unerschöpfliches Feld“, fügt sie hinzu. Kirisits ist außerdem Synästhetikerin – sie hört Musik, und sieht dazu Farben, verknüpft also zwei Sinnesreize. Daraus entstehen ebenfalls Werke. Kunst hat für die auch diplomierte Kommunikations- und Wirtschaftstrainerin vor allem ein verbindendes Element. „Mit ihr kann ich Botschaften senden, die oftmals etwas versteckt in meinen Bildern zu finden sind“, erklärt sie. In diesem Zusammenhang wünscht sie sich eine intensivere Auseinandersetzung mit Künstler:innen, auch abseits von Galerien und Ausstellungen. „Die schönsten Gespräche habe ich immer bei mir zuhause in meinem Atelier oder in den Häusern der Leute, wo meine Bilder hängen. Oftmals verbringen sie einen ganzen Tag bei mir, entdecken, schauen und lassen sich viel zeigen und gehen ganz beglückt mit Arbeiten zum Probehängen nach Hause“. Daraus würden durchaus auch Freundschaften entstehen, fügt sie hinzu.

Großer kommerzieller Erfolg und Berühmtheit sind für Kirisits jedenfalls nicht ausschlaggebend: „Es erfüllt mich, wenn sich jemand an meinen Arbeiten erfreut. Das ist mein Antrieb“. Auf die Frage, was Kunst denn für sie persönlich bedeute, antwortet sie ohne zu zögern: „Freiheit“.

Tipp:

Noch bis Mitte August 2023 ist ihre Ausstellung „figureSCAPES III“ im Galerie Café in Rust (Hauptstraße 18, 7071 Rust) zu sehen.