Heindl: Von Nussbeugel und Sissi-Talern

1953, inmitten der Nachkriegszeit, gründet das Ehepaar Walter und Anna Heindl eine Confiserie. In einem Kellerlokal im 5. Wiener Gemeindebezirk stellen sie Nussbeugel und Nussbomben her und liefern sie später als Stückware an die lokalen Greißler.

Die Süßwaren erfreuen sich von Beginn an großer Beliebtheit. „Nach dem Krieg waren die Leute richtig ausgehungert“, erklärt Andreas Heindl, Sohn der Gründer und Geschäftsführer des Unternehmens den großen Erfolg der damals neugegründeten Zuckerbäckerei im SOCIETY Interview. „Ganz am Anfang fuhr mein Vater noch mit der Straßenbahn zu den Großhändlern, um die Rohstoffe für die Herstellung der Süßigkeiten zu besorgen. Danach kehrte er ins Werk zurück, produzierte die Waren und lieferte sie dann wieder aus. Und alles, was er damals herstellte, wurde auch sofort verkauft“, erzählt Heindl weiter. Schon bald nach der Gründung stellen die Heindls Personal ein, 1967 übersiedeln sie an den heutigen Standort im 23. Bezirk, wo sie zuvor ein Wohnhaus und eine gegenüberliegende kleine Halle mit 400 m2 für die Produktion gekauft hatten. „Meine Mutter hat immer davon geträumt, direkt neben der Fabrik zu wohnen“, ergänzt Andreas Heindl, der gemeinsam mit seinem Bruder Walter 1987 das Unternehmen übernimmt und die Firmenanlage abermals vergrößert. 1991 wird eine Halle am ursprünglichen Standort des Familienhauses errichtet, und zusätzlich eine frühere Schuhpastafabrik gleich daneben komplett renoviert und saniert.

In den 90er Jahren beginnt das Unternehmen außerdem, Touristenprodukte herzustellen. Die ersten Mozartherzen stoßen auf großes Interesse, die gemeinsam mit einem Grafiker entwickelten Sissi-Taler werden dann zum absoluten Verkaufsschlager. „Wir haben den Taler auf der Internationalen Süßwarenmesse in Köln präsentiert und sogar Schlagzeilen damit produziert: es hieß dann ,Mozart geht, Sissi kommt‘“, erinnert sich der gelernte Zuckerbäcker stolz. Heindl kann mit der Schokokreation den Umsatz verdoppeln, weitere Produkte wie der Wiener Riesenradl-Taler oder die Sissi-Veilchen werden implementiert.

Neben den süßen Souvenirs gibt es aber noch zahlreiche weitere Highlights in der 68-jährigen Firmengeschichte, von denen uns Andreas Heindl gerne erzählt. Dazu gehört etwa die Entstehung der Schokomaroni, in deren Rezept sein Bruder Walter viel Zeit investiert hat, um eine längere Haltbarkeit zu erreichen und die heute zu den absoluten Beststellern der Confiserie zählen. Unglaubliche 400.000 200 Gramm Packungen und 150.000 große Schachteln werden davon pro Saison verkauft. „Der Bedarf steigt jährlich, dieses Jahr haben wir ganze 70 Tonnen Maronimasse gekauft“, so der Chef weiter.

Seit 20 Jahren komplettiert außerdem das hauseigene – und Wiens erstes – SchokoMuseum das Portfolio des Familienbetriebes. Dort wird die Geschichte der Schokolade nachvollziehbar gemacht und Workshops, Führungen und Verkostungen angeboten.

„Es ist ja einfach etwas unglaublich Schönes, was wir hier machen und produzieren: nämlich etwas, das Menschen Freude bereitet“

Andreas Heindl im SOCIETY Interview

2006 verbinden sich dann zwei Traditionsmarken miteinander: Heindl übernimmt Pischinger, die älteste Süßwarenmarke Österreichs, die noch am Markt ist – und mit ihr die Originalrezepte, nach denen die berühmten Nussecken oder die unvergleichlichen Oblaten-Torten nun wieder gefertigt werden. Mit Oktober 2014 stellt Heindl das gesamte Sortiment auf 100 % fair gehandelten Kakao um –etwas, das Andreas Heindl ganz besonders am Herzen liegt, wie er im Interview betont. Die meisten weiteren Rohstoffe werden aus Österreich bezogen, wie etwa Liköre, Marmeladen, Weizen- und Sojamehl. Heindl setzt zudem vermehrt auf vegane Produkte und als letzter österreichischer Produzent von Geleeartikel (ebenfalls vegan) hat der Süßwarenhersteller eine weitere Besonderheit im vielseitigen Sortiment.  

Andreas Heindl sieht und hört man die Leidenschaft für das Unternehmen jedenfalls in jedem Moment des Interviews an. „Es ist ja einfach etwas unglaublich Schönes, was wir hier machen und produzieren: nämlich etwas, das Menschen Freude bereitet“, fasst er zusammen.

Den Familienbetrieb gut in die nächste Generation zu bringen, ist sein größter Wunsch, gleichzeitig auch die größte Herausforderung, so der Geschäftsführer. „Vor allem erhoffe ich mir, dass unsere NachfolgerInnen ebenso große Freude an der Arbeit haben, wie ich und mein Bruder das immer hatten.“

www.heindl.co.at

Fotos: SOCIETY/Pobaschnig/Produktbilder: Heindl