Globale Perspektivenschmiede

Der österreichische Diplomat Martin Weiss übernahm die Leitung des Salzburg Global Seminar, SOCIETY hat mit ihm über die Themenvielfalt dieser einzigartigen Institution in der Mozartstadt gesprochen.

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Sie sind seit 1. August Präsident des Global Seminar, warum haben Sie diesen Wechsel vollzogen?

Nach über dreißig Jahren als Diplomat an unterschiedlichen Stationen, wie etwa als Botschafter in den USA, Israel und Zypern, wollte ich meiner Karriere eine neue Ausrichtung geben. Als mich das Global Seminar dann fragte, ob ich die Präsidentschaft übernehmen möchte, war das für mich genau die Herausforderung, die ich gesucht hatte. Da ich ursprünglich aus Salzburg stamme, war es für mich gleichzeitig eine Art „Homecoming“.  

Was sind Ihre Aufgaben als Präsident?

Mein Aufgabenbereich ist sehr vielfältig und reicht von der Leitung des Mitarbeiterstabs, der Instandhaltung der Räumlichkeiten von Schloss Leopoldskron und dem dazugehörigen Hotel Meierhof bis zur Entwicklung der Programmstrategie. Mir ist wichtig, dass die Seminarinhalte genau den Zeitgeist treffen. Natürlich gehört auch Fundraising in meinen Zuständigkeitsbereich, vor allem möchte ich aber die Sichtbarkeit des Salzburg Global Seminar erhöhen. Wir haben schon so tolle Komplimente von Teilnehmer*innen wie Kristalina Georgiewa, der Leiterin des Internationalen Währungsfonds oder US-Außenminister Tony Blinken, bekommen die meinten, unsere Seminare hätten ihr Leben verändert. Österreichweit kennt man uns aber noch viel zu wenig, was vielleicht auch damit zu tun hat, dass ich in 75 Jahren der erste Österreicher bin, der das Salzburg Global Seminar leitet. Ich bin sehr froh, dass man mir dieses Vertrauen ausgesprochen hat, denn ich bin überzeugt davon, dass man da noch so viel bewegen kann! Genauso wie wir in Österreich auf die Salzburger Festspiele stolz sind könnte man es auf diese Organisation sein, die Jahr für Jahr so viele spannende Menschen und Themen nach Österreich bringt.

Warum wurde genau Salzburg als Standort gewählt?

Gegründet wurde das Salzburg Global Seminar 1947 von einer Gruppe von Harvard Studenten, einer davon, Clemens Heller, war Österreicher. Sie waren Idealisten, die nach diesem schrecklichen Weltkrieg eine Möglichkeit schaffen wollten, aufeinander zuzugehen, eine Art „Marshall-Plan für den Geist“ zu schaffen. Clemens Heller kannte Helene Thimig, die Witwe von Max Reinhardt und damalige Besitzerin von Schloss Leopoldskron. Sie stellte es den Gründern zur Verfügung – the rest is history! Seit den Anfängen ist das Global Seminar stetig gewachsen, ursprünglich als Seminar in American Studies gedacht, haben sich die Inhalte stetig weiterentwickelt, inzwischen haben wir einen globalen Anspruch.

Schloss Leopoldskron ist ein einzigartiger, manche sagen fast magischer Ort. Viele Teilnehmer*innen berichten, dass sie sich hier auf eine ganz besonder Art „runterkommen und fokussieren“ konnten. Wir bieten auch die Möglichkeit für Veranstaltungen hinter geschlossenen Türen, z.B. bei unserem prominenten Finanzforum, wo sich Entscheidungsträger*innen von Zentralbanken und Unternehmen vertraulich austauschen können, ohne dass darüber in den Medien berichtet wird. Wir halten uns hier an die Chatham House Rules, was unsere Teilnehmer*innen sehr schätzen.

Wie kann man an den Programmen teilnehmen?

Manche Programme haben einen open call, auf den man sich bewerben kann. Manchmal wählen wir die Teilnehmer*innen aus, von denen wir glauben, dass sie zu den Programmen passen. Unser weltweit dichtes Netzwerk von 40.000 Fellows hilft uns sehr bei dieser Auswahl. Ein Bespiel wäre das Programm New Voices of Europe das wir gemeinsam mit der Disney Company entwickelt haben, wofür wir zukünftige Leader aus Europa, die sich abseits des politischen Mainstreams befinden, miteinander in Kontakt bringen und der Frage nachgehen, wie zukünftige Meinungsbildner*innen einer Gesellschaft verändern können. Die Auswahl der ´richtigen´ Mitwirkenden ist dabei entscheidend, denn jedes Seminar ist nur so gut wie seine Teilnehmer*innen.

„Sie waren Idealisten, die nach diesem schrecklichen Weltkrieg eine Möglichkeit schaffen wollten, aufeinander zuzugehe, eine Art ,Marshall-Plan für den Geist'“

Welche Themenbereiche behandelt das Salzburg Global Seminar?

Momentan arbeiten wir an einer Programmrevue, da wir schon ein sehr umfangreiches Angebot haben, welches historisch gewachsen ist. Wir kooperieren mit Organisationen wie etwa der Nippon Foundation in Japan, die junge japanische Führungskräfte auf internationaler Ebene ausbilden möchte. Erziehung ist ebenfalls ein Kernthema, zu dem wir einige Programme organisieren, ebenso Gesundheit. Wir bringen in Salzburg die ´richtigen´ Menschen zu den brennenden Themen der Zeit zusammen, und haben dabei den Anspruch immer top-aktuell zu sein. So haben wir im Sommer z.B. ein Ukraine-Programm gemeinsam mit dem United Institute of Peace gestartet, wo sechzig Personen aus der ukrainischen Zivilgesellschaft eingeladen wurden, an Zukunftslösungen für die Ukraine zu arbeiten.

Das wollen wir in den nächsten Jahren intensivieren.

Nach 17 Jahren im Ausland, was schätzen Sie an Salzburg?

Es ist schön, nach so langer Zeit wieder zurückzukehren. Ich schätze zB die Kleinheit, alles ist hier leicht erreichbar. Ich sehe es als große Stärke von Österreich, dass es überschaubar ist. Gleichzeitig sind viele Universitäten und Hochschulen in Salzburg, es schon auch eine sehr internationale Stadt, im Sommer sogar eine Kultur-Weltstadt. Ein Grund, warum unsere Teilnehmer*innen so gerne zu uns kommen ist, dass der Ort eine ganz spezielle Schönheit hat, der Blick von meinem Büro im Schloss Leopoldskron ist unschlagbar. Wir sind aber kein Museum, sondern ein lebendiges Schloss in dem stetig gearbeitet wird. 

(c) Katrin Kerschbaumer//SOCIETY/Pobaschnig