Schwedenbomben: Schaumküsse mit Nostalgiefaktor

1926 kreiert der Zuckerbäcker Walter Niemetz gemeinsam mit seiner Frau Johanna eine Süßigkeit, die sich fast 100 Jahre später noch immer größter Beliebtheit erfreut und aus der österreichischen Süßigkeitenkultur kaum mehr wegzudenken ist.

von Sarah Heftberger

Bernhard Kletzmair

Bei der Entwicklung des einzigarten Schaumgebäcks hilft ihnen damals ein schwedischer Konditorfreund, dem zu Ehren Niemetz die Süßigkeit später „Schwedenbombe“ tauft. „Die gemeinsame Kreation war von Anfang an beliebt, weil sie eine wirklich unvergleichliche Komposition ist. Die knusprige Waffel am Boden, der luftige Schaum gemischt mit Kakao und dann die knackige Glasur – so etwas gab es im Süßigkeitenregal damals noch nicht“, betont Bernhard Kletzmair, Geschäftsführer der Heidi Chocolat AG Niemetz Schwedenbomben, im Gespräch mit Diplomatic SOCIETY.

Um die Schaumküsse in größeren Mengen herstellen zu können, gründet der aus einer Zuckerbäckerfamilie stammende Walter Niemetz 1930 schließlich die Süßwaren-Manufaktur Niemetz im 3. Wiener Gemeindebezirk. Vier Jahre später lässt er die Schwedenbombe in das Österreichische Markenregister eintragen. Der Zweite Weltkrieg geht aber auch an der Süßwarenmanufaktur nicht spurlos vorüber: die Produktion muss unterbrochen werden, erst ab 1952 entstehen wieder Schwedenbomben.

In dieser Zeit setzt Walter Niemetz – ein Visionär in Sachen Marketing – auch erstmals auf TV-Werbung. Die ikonischen Werbespots, in denen die damals mindestens ebenso ikonischen Mecki-Puppen zum Kauf der „echten Schwedenbomben“ raten, verhelfen der Wiener Köstlichkeit zu weiterer Bekanntheit. „In den 80er-Jahren kam dann ein weiteres Phänomen hinzu“, so Kletzmair, „nämlich der Trend rundum die Schwedenbombensemmel, die gerade auf Social Media eine Art Renaissance feiert“. In den darauffolgenden Jahren festigen die Schwedenbomben ihren Status als österreichisches Traditionsprodukt, das sich generationenübergreifender Beliebtheit erfreut. Bis zu über 1000 Tonnen der Schaumküsse werden zeitweise pro Jahr produziert.

Anfang der 2010er Jahre steht Niemetz dann aber vor seiner größten Herausforderung: Das Traditionsunternehmen muss Insolvenz anmelden, in den Vorjahren waren die Verkaufszahlen kontinuierlich zurückgegangen. „Zudem gibt es einen sehr hohen Anteil manueller Arbeit, den wir brauchen, um Konditorqualität zu gewährleisten, und das ist natürlich sehr kostenintensiv“, erklärt Kletzmaier weiter. Doch als der Konkurs bekannt wird, entsteht innerhalb von zwei Tagen eine Facebook-Gruppe mit über 30.000 Mitgliedern, die sich der Rettung der geliebten Schwedenbombe verschreibt. Zahlreiche Fans der Schaumküsse strömen in die Supermärkte und kaufen die Regale leer. Schließlich übernimmt Heidi Chocolat das Unternehmen. Seither wird die Süßigkeit in Wiener Neudorf produziert, man besinnt sich außerdem wieder zunehmend auf den Innovationsgeist des Schwedenbomben-Erfinders: „Wenn man in die Vergangenheit blickt, sieht man, dass Herr Niemetz stets außerordentlich einfallsreich war, er entwickelte immer wieder unterschiedliche Verpackungen und Geschmacksrichtungen – und das machen wir heute auch wieder so“.

Streng geheim

Das Herstellung der klassischen Schwedenbomben ist jedenfalls seit 99 Jahren unverändert – und streng geheim: nur die Konditormeisterinnen und Konditormeister kennen die genaue Zusammensetzung der Zutaten. „Das Rezept ist ein echtes Meisterwerk, wenn man bedenkt, wie schnell Eischnee in Verbindung mit Fett normalerweise zusammenfällt“, so Kletzmair. Weil die Schwedenbomben ein Frischeprodukt sind, konzentriert sich der Markt sehr stark auf Österreich. „Mit einer Mindesthaltbarkeit von nur fünf Wochen tut man sich schwer, ins Ausland zu exportieren, aber wir arbeiten Schritt für Schritt daran. Im Großen und Ganzen ist das Bekenntnis aber ganz klar: österreichische Süßigkeiten für den österreichischen Gaumen“. Seit 2014 setzt man in der Produktion zudem zu 100% auf Fairtrade Kakao – auch bei den Manja und Swedy-Riegeln, die ebenfalls zum Sortiment von Niemetz gehören. Die Verpackungen bestehen außerdem aus recyceltem Plastik (rePET), welches nach Gebrauch zu 100% wiederverwendet werden kann. Seit einigen Jahren gibt es neben den Schwedenbomben aber auch andere Produkte wie Schokotafeln oder die Mozart Koogles, die sich besser für den Export eignen und so auch Genießer über die Landesgrenzen hinaus erfreuen.

Für den 100. Geburtstag der Schwedenbomben im nächsten Jahr wünscht sich Kletzmair „genussvolle und einzigartige Momente, gemeinsam mit den Österreicherinnen und Österreichern – und, dass die Schwedenbomben auch in Zukunft ein urtypisch österreichisches Produkt bleiben“.

WORKSHOPS:

Interesse, selbst eine Schwedenbombe zu basteln? Niemetz bietet dafür Workshops an: Einfach an workshop@schwedenbomben.at schreiben oder von Montag bis Freitag zwischen 9:00 und 18:00 Uhr unter +43676 492 32 50 anrufen.

workshops.niemetz.at

© Heidi Chocolat AG