Africa Day 2025: Enorme Chancen im unterschätzten Wachstumskontinent 

von Dr. Rudolf Thaler

“Gerade in wirtschaftlich fordernden Zeiten ist der Blick auf Überseedestinationen wichtiger denn je. Afrikas Wachstumsmärkte bieten für unsere österreichischen Unternehmen große Chancen, auch wenn sie Herausforderungen mit sich bringen”, betonte Mariana Kühnel, stellvertretende Generalsekretärin der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) beim Kick-off des Africa Day 2025 in der WKÖ. Der Africa Day 2025 fand als hybride Veranstaltung vom 28.-31. Jänner statt. Wirtschaftsminister Martin Kocher hob in seiner Begrüßung das große Potenzial für exportorientierte Unternehmen hervor und das “Ziel, österreichische Betriebe in Einklang mit europäischen und internationalen Initiativen bei der Ausweitung und Etablierung ihrer Geschäftstätigkeiten in Afrika bestmöglich zu begleiten”. 

SOCIETY Magazin berichtete in vergangenen Beiträgen über den WKÖ Africa Day der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA als ideale Plattform für österreichische Unternehmen, sich mit den WKÖ-Wirtschaftsdelegierten, Experten und afrikanischen Unternehmen zu vernetzen.

Wo liegen Chancen? 

Die AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA ortet für Österreichs Exportwirtschaft aussichtsreife Perspektiven in der Infrastruktur und Bauwirtschaft, bei erneuerbaren Energien, in der Umwelttechnik, Wasserwirtschaft oder im Gesundheitswesen. Die Top-Exportmärkte sind Südafrika, Ägypten und Marokko. Die Chancen in den einzelnen Ländern Afrikas sind vielfältig. Südafrika, Österreichs größter Investitions- und Handelspartner in Afrika, investiert beispielsweise massiv in den Ausbau von Solar- und Windkraft, dementsprechend gefragt ist österreichisches Know how. Mehr dazu von Martin Meischl, WKÖ Wirtschaftsdelegierter in Johannesburg. Marokko plant Milliarden USD in neue Fußballstadien und ihre Verkehrsinfrastruktur für die FIFA Weltmeisterschaft 2030 auszugeben, informiert die stellvertretende Wirtschaftsdelegierte in Casablanca, Chiara Kresbach. Enorme Möglichkeiten bietet Algerien, das flächenmäßig größte Land Afrikas: “Algerien setzt auf grünen Wasserstoff. Das bringt große Chancen für österreichische Unternehmen”, ist Lisa Kronreif, WKÖ-Wirtschaftsdelegierte in Algier überzeugt. Die vielfältigen Chancen für österreichische Produkte und Lösungen in ihren Ländern analysieren die sechs Afrika Wirtschaftsdelegierten der WKÖ mit ihren Teams. SOCIETY berichtete über Nordafrika als attraktive Nearshoring Destination europäischer Unternehmen am Beispiel des Königreichs Marokko: ‘Morocco – Europe’s gateway to Africa’.

Erfolgreiche Geschäfte in Afrika sind ein Marathon 

Kenyas Marathonstar Eliud Kipchoge vergleicht Business in Afrika in seiner Motivationsrede mit einem Marathon-Lauf. Es ist ein Prozess, ‘not a one night event’ und mit all seinen Herausforderungen definitiv kein Spaziergang im Park. Das Panel von AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA Leiter Michael Otter mit erfolgreichen Unternehmen in Afrika unterstreicht dies: Wichtig für erfolgreiche Geschäfte in Afrika ist es, ein verlässlicher und flexibler Partner zu sein, und ständig auf der Suche nach einer passenden Lösung zu sein. Ein langer Atem, Beharrlichkeit, und lokale Teams sind entscheidend. Ein Mittelständler berichtete, dass er fast acht Jahre in den Aufbau einer Produktion vor Ort investierte. Die lokalen Mitarbeiter werden eingeschult, auf Expats verzichtet er zu Gänze. 

Kenya: Key player im globalen digitalen Arbeitsmarkt 

Roseline K. Njogu, Principal Secretary im State Department for Diaspora Affairs, Ministry of Foreign and Diaspora Affairs, weist auf die junge, mobile und tech-affine Bevölkerung Kenyas hin. Etwa vier Millionen Keynianer arbeiten im Ausland, d.s. 8% der Einwohner. Diese leisten mit ihren Remittances in Höhe von 4,9 Milliarden USD einen Beitrag von 4% zum GDP Kenyas. Secretary Njogu sieht Kenya als ‘Key Player’ im globalen Arbeitsmarkt. 

Die Zukunft ist digital. Die Zahl der Internetnutzer und der digitalen Transaktionen soll im Zeitraum 2025-2029 weltweit um 15,9% steigen, in Asien um 19,6% und in Afrika sogar um 26,8%. Die  Bevölkerung Afrikas – derzeit 1,5 Milliarden Menschen – wird bis 2050 auf 3,5 Milliarden anwachsen. Jeder 4. der auf dem Planeten lebenden Menschen wird dann aus Afrika stammen. Drei Viertel der Bevölkerung in Afrika ist jünger als 35 Jahre. Das Median-Alter in Afrika liegt bei 20 Jahren, in Kenya bei 19 Jahren – in Österreich liegt das Median-Alter vergleichsweise bei 43 Jahren. 

Innovationen in Schlüsselsektoren sind der Wachstumstreiber bei Startups in Afrika

Technologien helfen Entwicklungsstufen zu überspringen. Der mangelnde Zugang der Bevölkerung zu Banken und die hohe Dichte an Mobiltelefonen führte dazu, dass Afrika bereits vor Jahren weltweit führend bei Mobil Banking war. Etwa 70% der afrikanischen Unicorns sind im Fintech Segment tätig. 

Die führenden Verticals im Startup-Ecosystem Afrikas sind Fintech, E-Commerce, Health Tech, Logistics, Edu Tech, Energy, AgriTech und Transport. Die meisten Deals wurden 2024 in den Bereichen Fintech & Digital Banks (32%) abgeschlossen, gefolgt von Clean & Climate Tech (13%), HealthTech (9%), AgTech (8%) und E-Commerce (7%). Für Startups können erfolgreiche Geschäfte in Afrika sowohl ein Marathon als auch ein Sprint sein. Besonders dann, wenn eine schnelle Aktion auf sich abzeichnende Trends und Befriedigung einer dynamischen Nachfrage erforderlich ist. Das Startup flutterwave ist beispielsweise drei Milliarden USD wert und erreichte bereits innerhalb von fünf Jahren den Unicorn-Status, also einen Kapitalwert von über einer Milliarde USD. “Erfolgreiches investieren in Afrika erfordert ein nuanciertes Verständnis des lokalen Marktes, strategische Partnerschaften und Anpassungsfähigkeit”, betont Juliet Ehimuan, Gründer von Beyond Limits Africa und ehemalige Direktorin von Google West Africa. 

Begehrte Rohstoffquelle für Technologien des 21. Jahrhunderts 

Afrika verfügt über kritische Rohstoffe, die in den Bereichen Elektromobilität, erneuerbarer Energie, Luft- und Raumfahrt, Verteidigung, Medizin, letztlich in allen bedeutenden Technologien des 21. Jahrhunderts zum Einsatz kommen. Sie sind für die grüne und digitale Transition Europas entscheidend. Mehr als 70% des Platins wird in Südafrika gefördert. Der Zugang zu Kobalt, Lithium, seltene Erden, Platingruppenmetalle bietet der europäischen Industrie die Möglichkeiten, logistisch kostengünstigere und stabile Lieferketten aufzubauen. China, selbst reich an kritischen Rohstoffen, hat sich mit seiner Belt and Road Initiative schon frühzeitig eine führende Position im afrikanischen Mining-Sektor gesichert, gefolgt von Russland. Europa und USA waren vergleichsweise zögerlich, in Afrika in Lieferketten zu investieren. Die Nachfrage nach kritischen Rohstoffen wird in Zukunft dramatisch zunehmen. 

Rot-weiss-rotes Exportpotenzial von zwei Milliarden Euro

Das International Trade Center (ITC) sieht für österreichische Unternehmen ein zusätzliches Exportpotenzial in Afrika von zwei Milliarden Euro. Nach 2022 und 2023 wurde die Rekord-Exportmarke von zwei Milliarden Euro vermutlich auch 2024 überschritten. Den heimischen Unternehmen steht dazu das AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA Netzwerk der WKÖ mit seinen Standorten in Algier, Casablanca, Kairo, Lagos, Nairobi und Johannesburg zur Seite. Das erfolgreiche Navigieren auf einem herausfordernden und in 55 unterschiedliche Staaten zersplitterten Markt braucht Guidance.