NHM: Brasilien – 200 Jahre Beziehungsgeschichten

Im Jahr 1817 heiratet die vierte Tochter Kaiser Franz I., Erzherzogin Leopoldine von Habsburg, den portugiesischen Kronprinzen Dom Pedro und wird so Kaiserin von Brasilien und Königin von Portugal. Dieser historische Zusammenschluss bildet den Ausgangspunkt für eine Ausstellung im Naturhistorischen Museum Wien, die seit 7. Juni 2022 und noch bis zum 23. April 2023 Einzug in die vier Kabinette und Sonderausstellungssäle des weltberühmten Naturmuseums hält.

Unter dem Titel „Brasilien – 200 Jahre Beziehungsgeschichten“ werden hier Ausschnitte einer einzigartigen Sammlung gezeigt, die ihren Anfang mit der Vermählung Leopoldines und Dom Pedros nahm. Anlässlich der Hochzeit wurde unter der Leitung des damaligen Staatskanzlers Metternich eine großangelegte Expedition initiiert, im Zuge derer ein Team an Wissenschaftlern über vier Jahre vor Ort sammelte und dokumentierte. Der Präparator Johann Natterer blieb sogar 18 Jahre lang und sammelte in dieser Zeit zigtausende (Natur)-objekte, die er allesamt nach Wien sandte. Die Naturalienkabinette der Hofburg waren bald überfüllt und so wurde 1821 sogar ein eigenes Museum in Wien – das sogenannte Brasilianum – eröffnet.

Die teils fast 200 Jahre alten originalen Tier- und Pflanzenexponate sind heute wesentlicher Bestandteil der aktuellen Ausstellung.

Dem Botaniker Johann Pohl hat man die unzähligen Herbarbögen zu verdanken, die einen Einblick in die unglaubliche Diversität der Pflanzenwelt Brasiliens gewähren und Teile derer ebenfalls in der Ausstellung zu sehen sind.

Die Blätter des Brasil-Baumes, dem Namensgeber des fünftgrößten Landes der Erde, können vor Ort im NHM bewundert werden, ebenso wie zahlreiche Tiere, Insekten – und sogar Augarten Porzellan, denn auch hier gibt es einen Brasilienbezug: anlässlich der Vermählung Leopoldines mit Dom Pedro lud der damalige portugiesische Gesandte nämlich zu einem glanzvollen „Brasilianischen Ball-Fest“ im Augarten, die Wiener Manufaktur fertigte außerdem von Kaiser Franz I. in Auftrag gegebene Dessertteller mit botanischen Motiven nach den Entdeckungen der Brasilien-Expedition an.  

Die Schau bietet aber auch Raum für eine Auseinandersetzung mit den problematischen Aspekten der Brasilien-Beziehungen: Sklavenhandel und Kolonialismus haben bis heute Auswirkungen und unser aller Konsumverhalten trägt zudem maßgeblich zur radikalen Ausbeutung der Natur-und Bodenschätze bei.

Im größten Raum der Ausstellung beginnt dann eine Reise durch die Naturräume Brasiliens – vom Amazonas und Bioma Marinho über die Mata Atlantica und die Pampa, nach Caatinga, Cerrado und ins Pantanal. Einmal mehr wird einem hier die unglaubliche Vielfalt an Formen und Farben des Landes vor Augen geführt – aber auch die Gefahren, die von Klimawandel und menschlichen Einflüssen ausgehen.  Hier werden wiederum (Forschungs-)Projekte aufgezeigt, die den Negativtrends teilweise entgegen wirken können.

Fazit

Die zahlreichen Mineralien, Tiere und Pflanzen erlauben aber nicht nur einen Blick auf die wunderbare Flora und Fauna Brasiliens, sondern auch in die Vergangenheit – sie geben Hinweise auf Arbeitsweisen der Forscher, sind Ausdruck der Verflechtungen Österreichs und Brasiliens und natürlich unersetzbares Material für Forschung. Das NHM mit Generaldirektorin Dr. Vohland macht diese im Rahmen der Ausstellung sicht- und nachvollziehbar – ohne dabei auf eine kritische Auseinandersetzung zu verzichten.

Naturhistorisches Museum Wien

Maria-Theresien-Platz, 1010

Sonderausstellung, Kabinett 4

Noch bis zum 23. April 2023

www.nhm-wien.ac.at

(c) NHM Wien/Alice Schumacher, Christina Rittmannsperger