Zwischen zwei Welten: Ein Tiroler in Indonesien

Der gebürtige Tiroler Hermann Delago ist in Indonesien eine Berühmtheit. Bekannt gemacht hat ihn seine Liebe zur Musik – und ein paar schicksalhafte Begegnungen.

von Sarah Heftberger

„Manchmal, wenn ich in Indonesien mit dem Taxi fahre und mich jemand fragt, woher ich komme und ich ,Austria` antworte, fragen sie mich, ob ich Hermann Delago kenne“, erzählt der Multiinstrumentalist schmunzelnd im Interview mit SOCIETY.

Schon als Jugendlicher spielt er – gemeinsam mit dem ehemaligen österreichischen Verteidigungsminister und Tiroler Landeshauptmann Günter Platter – in einer Rock-Band, später wird er Teil der Viller Spatzen, gründet die Progressive Rock-Band Klockwerk Orange und studiert Schulmusik. Mit seiner Coverband Combo Delago schreibt er ab 1986 Tiroler Musikgeschichte, ab 1989 leitet er außerdem die Stadtmusik Landeck-Perjen und arbeitet daneben als Lehrer. Sein Leben dreht sich ganz um die Musik, alleine mit der Combo Delago spielt er in einem Zeitraum von zehn Jahren über 600 Konzerte.

Der große Umbruch

Doch 1995 kommt eine große Zäsur in seinem Leben. Seine erste Ehefrau – ebenfalls Musikerin – verlässt ihn. „Die Trennung hat mich sehr mitgenommen und ich wollte einfach weg, irgendwo hin, wo ich noch nie war“.

Zufällig erzählt ihm ein befreundetes Paar von ihrer Reise nach Bali und so fällt seine Entscheidung schließlich auf Indonesien. Nach zehn Tagen Urlaub im größten Inselstaat der Welt ist für Delago klar: „Das ist mein Land – ich war beeindruckt, wie warmherzig und hilfsbereit die Menschen dort sind und ich hatte einfach eine wunderschöne Zeit“. Ein Jahr später gibt er seinen Job als Lehrer auf und auch musikalisch verändert er sich. Der Multiinstrumentalist entdeckt die Weltmusik für sich – und das Didgeridoo. Schon bald nimmt er das erste seiner insgesamt vier Weltmusikalben auf und nennt es „Didge goes world“. Genau diesem Motto folgt er auch persönlich und geht – mit einem Paar Birkenstocks, einem Rucksack und seinem Instrument – ganz alleine auf Weltreise.

„In Indonesien habe ich dann immer wieder meinen Flug verschoben, war dort am längsten von allen Ländern“, erinnert er sich. In Ubud, dem kulturellen Zentrum Balis, trifft er auf der Straße einen „Westler“, der auf seiner Gitarre spielt und dazu auf Indonesisch singt. „Als ich das hörte, dachte ich mir nur, dass ich das auch unbedingt machen will“. Sofort bittet er einen Freund, ihm ein paar indonesische Lieder beizubringen. „Eines davon war ,Butet‘, ein Batak-Lied“, erinnert er sich. In einem Restaurant schreibt er auf einem Zettel Melodie und Text nieder und von da an begleitet ihn das Volkslied aus Nord-Sumatra stets auf seiner weiteren Reise. „Ich bin von Insel zu Insel gefahren und habe überall, wo es eine Gitarre gab, ,Butet‘ vorgetragen. Den Leuten hat es natürlich sehr gefallen, dass ein Westler dieses Lied kennt und spielen kann. Mancherorts haben sie mich dann sogar ,Butet‘ genannt“, erzählt er.

Reise zum Ursprung

Delago beschließt, an jenen Ort zu reisen, an dem das für ihn so besondere Lied seinen Ursprung hat: an den Toba-See in Sumatra, wo die Bataks – eine christliche Minderheit – leben. „Ich bin also mit diesem Lied am Toba-See angekommen, hab es den Einwohner:innen vorgesungen und die waren natürlich ganz aus dem Häuschen“. Nur ein Jahr später fliegt er wieder nach Indonesien und lernt dort seine zukünftige Ehefrau – eine Batak – kennen. Sowohl musikalisch als auch in Liebesdingen eröffnet sich dem gebürtigen Tiroler eine völlig neue Welt. Von da an reist Delago jedes Jahr nach Indonesien, lernt die Sprache und immer wieder neue Batak-Lieder, die er dann für Blasorchester arrangiert. Ein Höhepunkt dieser Fusion von Musikgenres und Kulturen ist 2014 die Indonesien-Reise der beiden Tiroler Blaskapellen, die Delago als Kapellmeister leitet. Sie treten dort gemeinsam mit Stars der Batak-Musik bei einem großen Open-Air Festival auf und vertiefen einmal mehr die Verbindungslinien zwischen den beiden Ländern. Zu diesem Zeitpunkt ist der Vater dreier Kinder in Indonesien bereits eine Berühmtheit, das Album, welches er 2011 gemeinsam mit Viky Sianipar, einer indonesischen Weltmusik Ikone, aufgenommen hat, bringt ihm sogar eine Einladung in eine der größten Fernsehshows Indonesiens ein. „Wenn ich heute am Flughafen meinen Pass zeige, beginnen die Leute oft schon zu singen und holen ihre Kolleg:innen, um Fotos zu machen. Ich glaube, dass kaum ein Österreicher jemals zuvor eine solche Verbindung zu Indonesien hergestellt hat und ich denke, ich kann ohne Überheblichkeit behaupten, dass ich einer der bekanntesten Österreicher in Indonesien bin.“Seit 2006 hat der musikalische Grenzgänger gemeinsam mit seiner Familie ein Haus auf der Insel Samosir am Toba-See. Seither lebt er in zwei Welten: „Ein Privileg, denn die Freude am Leben, die Denkweise, die Höflichkeit, die Wärme und die Herzlichkeit sind in Indonesien wirklich ganz speziell“.