„Die Politik wird im Parlament gemacht, nicht auf der Straße“

SOCIETY sprach mit dem slowakischen Innenminister Matúš Šutaj Eštok unter anderem über die Zukunft der Slowakei, die Sicherheitspolitik seines Landes und der EU und die Zusammenarbeit mit Österreich.

Das Attentat auf den slowakischen Regierungsvorsitzenden Robert Fico wurde in allen wichtigen Medien Europas reflektiert. Warum bezeichnen ausländische Medien die Parteien SMER und HLAS-SD als Parteien, die gegen Europa eingestellt sind?

Das ist eher eine Frage an diese konkreten Medien. Für die Partei Hlas-SD kann ich sagen, dass wir die Slowakei in einem starken und souveränen Europa sehen, in dem die Interessen aller Mitgliedstaaten einschließlich der Slowakei beachtet werden. Es ist unser Ziel, das Funktionieren der EU zu verbessern, das bedeutet jedoch noch nicht, dass wir gegen die EU eingestellt sind. Es ist wichtig, zwischen einer konstruktiven Kritik und einer wirklichen Opposition gegen die europäische Einheit zu unterscheiden.

Wie wir aus Ihren Stellungnahmen erfahren haben, sagen Sie, dass es sich nicht um die Tat eines Einzelnen handelte, sondern um eine Tat, die durch die Opposition und durch die Hetze gegen die Koalition, die die demokratische Wahl gewonnen hat, motiviert war. Wie ist Ihre Meinung dazu?

In fast jedem solchen Attentat kann man den Höhepunkt der gesellschaftlichen Spannung sehen. Es ist offensichtlich, dass das, was heute in der Gesellschaft, vor allem in der Politik und in den Medien, geschehen ist und leider immer noch geschieht, einen Einfluss auf den Angreifer hatte. Nach diesem Vorfall sah es so aus, als würde sich die Slowakei auf sich besinnen und als würden diejenigen, die die Stimmung, die Leidenschaften und Emotionen anheizen, ihre Worte vorsichtiger wählen. Diese Wirkung hielt jedoch nur kurz an. Die Schießerei in Handlová sollte für uns alle ein Memento sein, vor allem für diejenigen, die wieder die Menschen in den Straßen aufhetzen. Die Politik wird im Parlament gemacht, nicht auf der Straße. Es ist gefährlich, einen Einzelnen auf solchen Veranstaltungen zu radikalisieren. Die Politiker in der Opposition sollten die Regierung kultiviert, ohne Androhungen und Beleidigungen, kritisieren.

Welche Änderungen werden gegen mediale Hetzer und die anonymen Benutzer von sozialen Netzwerken erwartet, die ihre Ansichten verbreiten und manchmal den Ministern oder Politikern sogar den Tod wünschen?

Die Slowakei hat Instrumente, mit denen die Polizei die Hetzer im Internet und die Befürworter der Straftat oder diejenigen, die zu ähnlichen Taten anspornen, in kurzer Zeit identifizieren kann. Wir wissen selbstverständlich, dass es in vielen Fällen von anonymen Benutzern nicht möglich ist. Alle Bestrebungen, einen transparenten und nicht anonymen Internetraum zu schaffen, stoßen auf Widerstand von Kritikern. Von unserer Perspektive aus können wir heute repressiv, aber auch präventiv vorgehen, zum Beispiel mit der Kampagne des Regierungsamtes „Ich respektiere eine andere Meinung.“

Nachdem Peter Pellegrini zum neuen Präsidenten der Slowakischen Republik gewählt wurde, wurden Sie der neue Vorsitzende der Koalitionspartei HLAS-SD. Planen Sie bestimmte Änderungen oder welche Botschaft würden Sie ins Ausland senden?

Es ist unser klares Ziel, die prosoziale Politik für die Bürger der Slowakei fortzusetzen. Als Innenminister ist mir klar, welche Herausforderungen im Bereich Sicherheit vor uns stehen und wie viel in den vorangegangenen Jahren vernachlässigt wurde. Ich denke, dass die Ergebnisse unserer Arbeit schließlich auch zum größeren Vertrauen der Wähler führen werden.

Mit welcher politischen Partei in Österreich möchten Sie ihre Beziehungen am meisten entwickeln?

Als Nachbarland sehen wir, dass die österreichisch-slowakischen Beziehungen immer auf einem guten Niveau waren. Ich glaube, dass die Länder im Mitteleuropa enger zusammenarbeiten sollten, damit sie für unsere Region einen sicheren und funktionierenden Raum schaffen. Die Partei Hlas-SD sucht Zusammenarbeit natürlich mit linksgerichteten, prosozialen Parteien. Falls wir jedoch eine gemeinsame Basis finden, sind wir für eine Zusammenarbeit mit jeder ordnungsgemäßen demokratischen Partei offen.

Für Sie als Innenminister ist die Sicherheitspolitik an der Grenze mit Österreich eine große Herausforderung. Was würden Sie ändern oder verbessern?

Die bilaterale Zusammenarbeit unserer Länder ist sehr gut, transparent, entgegenkommend und problemlos. Eine große Bedeutung hat meiner Meinung nach vor allem die gegenseitige grenzüberschreitende Kooperation. Bei der Bekämpfung der illegalen Migration und der Schleuser verläuft ein regelmäßiger Informationsaustausch sowie auch eine direkte Zusammenarbeit der betreffenden Partner. Ich würde deshalb froh sein, wenn wir auch weiterhin einen intensiven Kontakt mit österreichischen Partnern pflegen würden. Ich bin davon überzeugt, dass es nicht unser gemeinsames Ziel sein sollte, die freie Bewegung in der Region zu paralysieren, sondern den Schutz der EU-Außengrenze zu stärken. In diesem Zusammenhang verlaufen schon seit Ende des vergangenen Jahres Verhandlungen der Minister aus der Slowakei, Ungarn, Österreich und Serbien. Anfang Oktober organisieren wir in Bratislava ein Treffen der Innenminister aus Österreich, Ungarn und Serbien, und wir werden über die weitere Entwicklung unserer Zusammenarbeit und über die gegenseitige Unterstützung sprechen.

Wie ist Ihre Bewertung der EU-Wahl? Für Ihre Partei wurde nur ein Kandidat zum Abgeordneten des Europäischen Parlaments gewählt.

Ob die Europawahl erfolgreich war, zeigt die Zeit. Ein EP-Abgeordneter kann aktiver und sichtbarer sein und mit seinen Vorschlägen der Slowakei mehr helfen als eine ganze Fraktion. Ich denke, dass unser Abgeordneter Braňo Ondruš über eine solche Begeisterung verfügt und die Interessen der Slowakei konsequent durchsetzen wird.