Diplomatic SOCIETY hat die neue Leiterin der Sektion Internationale Kulturangelegenheiten des BmeiA, I.E. Botschafterin Regina Rusz, getroffen und mit ihr über die Aufgaben der Kulturdiplomatie gesprochen.
Sie treten die Nachfolge von Botschafter Christoph Thun-Hohenstein an. Welche Schwerpunkte möchten Sie setzen?
Ich fühle mich geehrt, diese Position zu übernehmen, denn mein Vorgänger hat wesentliche Impulse in der Auslandskultur gesetzt. Viele dieser Themen – etwa Nachhaltigkeit, Ökologie, digitaler Humanismus und Menschenrechte – greifen wir weiterhin auf, weil sie von Kunst- und Kulturschaffenden selbst gesetzt werden. Unsere Aufgabe im Außenministerium ist es, Künstlerinnen und Künstler aus Österreich – unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft – im Ausland zu unterstützen, Netzwerke zu schaffen und ihnen ein Sprungbrett zu bieten.
Gerade Themen wie Frauenrechte sind zentral. Wir feiern in diesem Jahr das 30-jährige Jubiläum der Pekinger Frauen-Deklaration und 25 Jahre UN-Resolution 1325 zu Frauen, Frieden und Sicherheit. Auch der Klimawandel ist ein wichtiges Thema, denn Umweltfragen sind eng mit Frieden und Sicherheit verknüpft. So zeigen wir aktuell die Ausstellung Imagine Climate Dignity im Künstlerhaus sowie Touch Nature im Lentos Kunstmuseum Linz. Beide beschäftigen sich mit ökologischen Fragen aus künstlerischer Perspektive.
Wie sehen Sie die Rolle der Kulturdiplomatie?
Kulturdiplomatie geht weit über die bloße Präsentation von Kultur hinaus. Sie lebt vom Dialog. Unser Ziel ist es, Künstlerinnen und Künstler mit lokalen Kulturschaffenden in Verbindung zu bringen und nachhaltige Kooperationen zu ermöglichen. Ein Projekt ist dann besonders gelungen, wenn eine Künstlerin oder ein Künstler später zurückkehrt und weitere Kooperationen entstehen.
Zudem ist Kulturdiplomatie ein wichtiges Instrument der Außenpolitik. Wir orientieren uns an außenpolitischen Schwerpunkten wie Menschenrechten, Frieden und Sicherheit. Meine frühere Arbeit in der Taskforce zur Bekämpfung des Menschenhandels hat mir gezeigt, wie eng Kultur und Menschenrechte miteinander verbunden sind. Während meiner Zeit als Leiterin des Kulturforums in Budapest habe ich gezielt Projekte mit Frauenrechtsorganisationen und der LGBTQ+-Community umgesetzt.
Welche Rolle spielt der interreligiöse Dialog in Ihrer Arbeit?
Sie sind ein wesentlicher Bestandteil unserer Friedensarbeit. Nächste Woche reisen wir mit einer Delegation von Religionsvertreter:innen nach Marokko, um Gespräche zu führen und Projekte umzusetzen. Dabei geht es nicht nur um den Austausch zwischen Religionen, sondern auch um den Erhalt historischer jüdischer Stätten, die in Marokko zwar nicht mehr aktiv genutzt werden, aber dennoch von kultureller Bedeutung sind.
Dieser Dialog geschieht oft abseits der großen Öffentlichkeit, doch er ist essenziell, um Gesprächskanäle offen zu halten. Gerade mit Ländern wie Marokko, mit denen Österreich eine gute Beziehung pflegt, können wir viel Positives bewirken.




Wie hat sich die Arbeit in der Auslandskultur in den letzten 20 Jahren verändert?
Mein erster Posten war in Belgrad kurz nach dem Regimewechsel. Damals waren Themen wie Frieden und Menschenrechte genauso virulent wie heute. Doch seit der Pandemie spüre ich verstärkt, dass wir uns in einer Zeit des Umbruchs befinden. Genau darauf wird sich auch unsere Auslandskulturtagung im Herbst konzentrieren, die im Museumsquartier in Wien stattfinden wird.
Was sich verändert hat, ist die Art der Kommunikation. Social Media spielt eine zunehmend zentrale Rolle. Viele Kulturforen setzen auf Instagram, weil es gerade für Veranstaltungsbewerbung effektiv ist. Die Herausforderung besteht darin, Kunst und Kultur auf eine Weise zu vermitteln, die das junge, schnelllebige Publikum anspricht.
Gibt es regionale Unterschiede in der Auslandskulturarbeit?
Absolut. Es ist ein Unterschied, ob ich in Westeuropa oder in Afrika ein Kulturforum leite. In Afrika geht es oft um Basisförderung. Ich war letztes Jahr drei Wochen in Ghana und habe dort eine Kunstschule besucht, die von einem Maler mit bescheidenen Mitteln betrieben wird. Solche Initiativen verdienen Unterstützung, sei es durch eine gemeinsame Ausstellung oder durch Residenzprogramme.
Ein Beispiel ist unser Musikprojekt in Ghana: Ein österreichischer Schlagzeuger lebt für zwei Monate in Accra und arbeitet mit lokalen Musiker:innen zusammen. Unser Ziel ist, dass sich daraus langfristige Kooperationen entwickeln. Wenn Künstler aus Ghana nach Österreich kommen und dort auftreten, ist das ein Erfolg der Auslandskulturarbeit.
Sehen Sie sich eher als Vermittlerin oder als Förderin von Kunst?
Beides. Natürlich organisieren wir klassische Kulturveranstaltungen wie Konzerte oder Ausstellungen. Aber Auslandskultur bedeutet mehr: Es geht um Austausch, um Dialog, um nachhaltige Projekte. Das Schöne ist, dass unsere Arbeit direkt zu Frieden und Sicherheit beiträgt, indem wir Kunst und Kultur als verbindende Elemente nutzen.

Imagine Climate Dignity
1.3. – 9.6.2025
Künstlerhaus,
Gesellschaft bildender Künstlerinnen und Künstler Österreichs
Karlsplatz 5, 1010 Wien
+43 1 587 96 63
office@kuenstlerhaus.at
Ausstellung, Obergeschoß