Restitution als Chance für österreichisch-afrikanische Beziehungen

Die Organisationen AFRIEUROTEXT und fresh Magazin veranstalteten von 31. August bis 2. September 2022 ein internationales Symposium zur Restitution Afrikanischer Raubkunst in österreichischen Museen.

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Das „Kitong-Kiass“ internationale Symposium 3RRR – Restitution – Rehabilitation – Reconciliation – beschäftigte sich zum ersten Mal mit der Frage der Restitution aus afrikanischer Sicht. Seit mehreren Jahren wird die Diskussion rund um dieses Thema nur in Fachkreisen diskutiert – ohne hier ansässige Menschen afrikanischer Herkunft miteinzubeziehen.

Bei der dreitägigen Konferenz in Wien kamen Fachleute aus Afrika und Europa sowie die in Österreich ansässige afrikanische Zivilgesellschaft, Kunstschaffende und Politikerinnen zu Wort. Im Rahmen des Symposiums wurde unter anderem auch über die Restitution von menschlichen Überresten, die sich teilweise noch in Österreichs Museen und Universitäten befinden, gesprochen. Außerdem wurden Afrikanische Archive, Wissenschaft und Gesundheit thematisiert. 

„Habt keine Angst! Niemand will die Museen ausleeren“

Achille Mbembe

Rückblick

Am ersten Tag des Symposiums waren die Hauptredner Daniel Bitouh, Gründer und Leiter von AFRIEUROTEXT und Achille Mbembe, kamerunischer Historiker, Politologe und Schirmherr der Veranstaltung. „Habt keine Angst! Niemand will die Museen ausleeren!“, lautete das Statement mit dem Achille Mbembe, der an der Witwatersrand-Universität in Johannesburg lehrt und den französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Fragen der Restitutions- und Afrikapolitik berät, seine Ausführungen begann. Er forderte heimische Museen zum Dialog über die Restitution von im kolonialen Kontext geraubten Kunstwerken auf. Außerdem argumentierte der Forscher: „Die afrikanische Diaspora spielt in vielen Ländern eine Schlüsselrolle in der Diskussion zwischen Museen und Politik. Es würde so gut tun, das auch in Österreich zu sehen. Zusammen können wir etwas schaffen, von dem alle profitieren.“

Auf der anderen Seite appellierte AFRIEUROTEXT Gründer Daniel Bitouh an Österreichs Bundesmuseen, die trotz Einladung nicht zum internationalen Symposium kamen. Restitution sei mehr als ein Zurückgeben, so Bitouh. “Die aktuell brisante Frage der Rückgabe geraubter afrikanischer Kunstschätze stellt eine Chance für einen differenzierten und anders artikulierten Dialog zwischen Afrika und Europa dar”. Es gehe um eine neue Gründung der Afrikanisch-Europäischen Beziehungen jenseits der Entwicklungshilfe.

Die beiden weiteren Tages des Symposiums fanden in den Räumlichkeiten der Central European University mit zahlreichen Vorträgen, u.a über vergleichende Globalgeschichte, Österreichs Haltung zur Restitution, das Black Voices Volksbegehren, Entkolonialisierung in der Malariaforschung, statt. Mbembe sprach über “Restitution, Rehabilitation und Reconciliation“ und thematisierte die Idee eines neuen Afrikanisch-Europäischen Vertrags durch die Restitution. Er betonte seine Leidenschaft für den Aufbau von “Beziehungen, die befreien“, im Gegenteil zu “Beziehungen, die unterdrücken”.

„Kitong-Kiass“ bedeutet „Unser Erbe, unsere Erinnerung“ in der kamerunischen Yangben-Sprache: Kitong = Erbe, Erinnerung/Kiass = Unser

Nach zahlreichen weiteren Vorträgen schloss er die Konferenz mit der Aussage, dass er für eine Politik der Umwandlung, die eine Politik des Zorns überwindet, stehe. Die Umkehr werde stattfinden, wenn wir uns, wie unsere Vorfahren, Richtung bedingungslosem Humanismus orientieren können. Die Restitutionsdebatte werfe Fragen zu einer neuen und differenzierten Haltung in den österreichisch-afrikanischen Beziehungen auf – besonders in den Bereichen gesellschaftlicher Partizipation und Entwicklungszusammenarbeit bzw. -politik. Diese Fragen würden Antirassismus und aktive und inklusive Partizipation von Afrikaner*innen, Organisationen und Initiativen der Afrikanischen Diaspora Österreichs in allen politischen Entscheidungen, die sie betreffen, beinhalten.

(c) Minitta Photography