Society sprach mit S.E. Sebastian Prinz von Schoenaich-Carolath, Botschafter des Souveränen Malteser-Ritterordens, über seine Aufgaben als Botschafter und die Geschichte und Aktivitäten des Ordens.
Was sind die Tätigkeitsbereiche des Ordens und was Ihre Aufgaben als Botschafter im Speziellen?
Im Großen und Ganzen hat der Orden zwei Hauptaufgaben, die auch an unserem Leitspruch abzulesen sind. Zum einen wollen wir unseren Glauben schützen, zum anderen stehen Kranke, Arme, Witwen und Waisen im Mittelpunkt unseres Wirkens. Wir wollen das Leben der Leidenden auf der Welt etwas besser gestalten und unser Tätigkeitsfeld in Zukunft noch mehr ausweiten. In Wien wird zum Beispiel gerade ein Malteser Altersheim gebaut.
Der SMRO veranstaltet auch regelmäßig Wall- und Pilgerfahrten mit Kranken und Behinderten nach Lourdes, Rom oder Rhodos. Meist sind es um die 80 Helfer und eben so viele Kranke und Pilger, die dorthin reisen. Meine Familie und auch ich selbst fahren regelmäßig nach Lourdes. Viele Pilger fahren mit, um dem Alltag zu entfliehen und auch für mich persönlich ist die Fahrt nach Lourdes immer eine große Inspiration. Dort aktiv anzupacken, die Menschen zu waschen und zu pflegen, berührt mich immer sehr.
Seit 2018 bin ich nun unbefristeter Botschafter des SMRO in Österreich. Als diplomatischer Vertreter repräsentiere ich den Orden als Staat und bin für bilaterale Fragen zuständig. Meine Tätigkeit als Botschafter ist ehrenamtlich, hauptberuflich bin ich in verschiedenen Aufsichtsräten tätig.
Woher kommt der Name Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom Hl. Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta?
Der Name stammt aus der Geschichte des Ordens. Im Jahr 1048 eröffnete die Brudergemeinschaft vom Hl. Johannes in Jerusalem ein Hospital, um sich um kranke Pilger zu kümmern. Im 13. Jh. wurde die Gemeinschaft aus Jerusalem vertrieben und flüchtete zuerst nach Zypern, danach nach Rhodos. 1523 musste der Orden erneut fliehen und setzte sich anschließend nach Malta ab. Heute hat der SMRO seinen Sitz in Rom.
In welchen Ländern ist der SMRO aktiv?
Mit Malteser International, unserer Katastrophenhilfe, ist der Orden weltweit tätig. Das internationale Verbindungsnetz des Ordens durch christliche Gemeinden und freiwillige Helfer, ermöglicht es dem Orden, schnell zu handeln und positive Veränderungen zu bewirken. Um den Ernstfall zu erproben, finden immer wieder Katastropheneinsatzübungen statt.
Ein wichtiges Einsatzgebiet ist, zum Beispiel, der Libanon. Hier steht die Betreuung von Behinderten im Mittelpunkt, da sie dort am Rande der Gesellschaft stehen und keine angemessene Pflege erhalten. Freiwillige Helfer aus der ganzen Welt finanzieren sich den Aufenthalt dort selbst und kümmern sich um Kranke und Behinderte. Viele von ihnen sind Jugendliche, die im Rahmen eines Gap Years (Auslandsjahr) in Studentenwohnungen leben, vormittags die Universität besuchen und sich nachmittags mit den Behinderten befassen. Aber auch in der Flüchtlingsversorgung ist der Orden dort sehr aktiv.
Auch in Zentralafrika und anderen globalen Krisengebieten ist der SMRO tätig. Als unpolitische und neutrale Institution kommt ihm immer wieder die Vermittlerrolle bei zivilen und bewaffneten Konflikten zu. Durch seine Neutralität genießt der Orden auch international hohes Ansehen und wird aufgrund seines diskreten Vorgehens bei politischen Spannungen als Friedensvermittler akzeptiert.
Wie funktioniert der Orden gleichzeitig als Staat?
Der Orden entspricht allen Normen eines Staates und ist ein kleines staatliches Gebilde. Der Regierungssitz ist in Rom. Staatschef ist der sogenannte Großmeister, der von einem Gremium gewählt wird. Momentan ist das Fra‘ Giacomo Dalla Torre del Tempio de Sanguinetto. Außerdem gibt es einen Regierungsrat, der Souveräne Rat, der den Großmeister in der Regierung unterstützt.
Der Staat besteht aus sechs Großprioraten, Österreich ist eines davon. Es gibt eine eigene Verfassung, einen Codex, der mit dem Vatikan abgestimmt und ab und an abgeändert wird. Die am häufigsten gesprochenen Sprachen sind Englisch, Italienisch und Französisch. Nationalfeiertag ist der 24. Juni, Tag des Ordenspatrons, dem Hl. Johannes.
Wie kann man sich die Ordensmitglieder als Ritter vorstellen?
Das hängt von der Definition ab. Damals waren Ritter natürlich etwas Anderes. Heute sind die Ordensritter bzw. Ordensdamen selbstverständlich nicht mehr mit einer Lanze bewaffnet und tragen auch keine Ritterrüstung mehr. Das Ritterliche oder Ehrenhafte bezieht sich jetzt eher auf das „sich kümmern“, was der Orden unter dem Wappenspruch „Tuitio fidei et obsequium pauperum“, was so viel wie „Wahrung des Glaubens und Hilfe den Bedürftigen“ bedeutet, macht. Nahezu alle Mitglieder arbeiten ehrenamtlich. Man könnte auch sagen, wir sind ein ehrenamtlicher Staat.
Muss man als Mitglied römisch-katholisch sein? Sind sie selbst katholisch?
Ja, man muss katholisch sein um dem Orden beizutreten. Mein Vater ist evangelisch und meine Mutter katholisch. Im Orden gibt es drei Stufen. In der ersten Stufe legen die Mitglieder die Gelübde Armut, Keuschheut und Gehorsam ab. Sie leben unverheiratet und finanzieren sich selbst. Im zweiten Stand wird ein Gehorsamsversprechen gegenüber dem Orden abgelegt. Die Mitglieder der dritten Stufe, zu denen ich gehöre, leben nach den Normen der katholischen Kirche, legen aber kein Gelübde ab.
Welche Bedeutung hat Österreich für den Orden?
In Österreich, genauer in Mailberg im Pulkautal, liegt die älteste Kommende (eine eigene Verwaltungseinheit des Ordens, eine Art Kloster) des Ordens, die damals ein strategischer Ort zur Grenzsicherung war. Heute ist es ein Schlosshotel mit eigenem Weingut.
Der Ort Mailberg wurde 1055 erstmals urkundlich erwähnt. 1146 gelang das sich dort befindende Schloss in den Besitz des Souveränen Malteser-Ritter-Ordens. Der Orden baute es zu einer Kommende mit Kirche, Hospital und einem Wirtschaftshof aus. Die Schlosskirche wurde dem Ordenspatron Hl. Johannes dem Täufer geweiht und dient heute als Pfarrkirche. Nach einigen Generalsanierungen wurde das Schloss auch touristisch erschlossen und bietet nun 21 Zimmer auf 4-Sterne Niveau.
CV: S.E. Sebastian Prinz von Schoenaich-Carolath wurde am 17. September in Wien geboren. 1983 legte er sein Diplom an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in München ab, von 1983 bis 1987 war er bei der Deutschen Bank als Trainee tätig, später im Headquarter in Düsseldorf. 1992 wurde er Direktor der Ulmer Volksbank, wo er zwischen 1994 und 1996 auch Board Member war und ab 1996 bis 2002 CEO. Danach wechselte er zur Kölner Bank, wo er bis 2011 ebenfalls als CEO arbeitete, ehe er ab 2012 bis 2015 bei der DZ Polska tätig war. Nach zwei Jahren als CEO bei der HETA Asset Resolution AG, ist er seit 2018 ehrenamtlicher Botschafter des Souveränen Malteser-Ritter Ordens in Österreich.
Fotos: SOCIETY/Pobaschnig