Ein Original aus Wien

Gut versteckt, in einem ehemaligen Fuhrwerkerhaus am Rande des 17. Bezirkes, befindet sich ein ganz besonderer österreichischer Handwerksbetrieb – die Original Wiener Schneekugelmanufaktur.

Seit drei Generationen liegt das Unternehmen nun bereits in Familienhand. Heute wird es von Erwin Perzy III. geleitet, seine Frau, seine Tochter und sein Schwiegersohn sind ebenfalls Teil des Betriebes.

Die Wiener Schneekugel wurde von Erwin Perzy I., Großvater des gegenwärtigen Geschäftsführers, erfunden. Um 1900 experimentierte der Chirurgieinstrumentenmechaniker auf Bitten von einigen Spitalsärzten an einer besseren Beleuchtung für Operationssäle. Durch eine schicksalshafte Aneinanderreihung von Zufällen und dem Laborieren mit einer Schusterkugel entstand dann ein bis heute einzigartiges Exempel Wiener Handwerkskunst.

„Mein Großvater gab Grieß in die mit Wasser gefüllte Kugel, der Effekt, der daraus entstand, erinnerte ihn an Schneefall“, erzählt der Enkel des Erfinders im Interview. Außerdem beschäftigte er sich nebenbei noch mit der Erzeugung von Miniaturabbildungen – für einen Freund sollte er eine kleine Reproduktion der Mariazeller Basilika machen. Das brachte ihn auf die Idee, diese Figuren auch in die Kugeln zu setzen – und so entstand sie, die erste Wiener Schneekugel. 1905 gründete Erwin Perzy I. dann gemeinsam mit seinem Bruder Ludwig offiziell ein Gewerbe. In einer kleinen Werkstätte in der Schumanngasse 59 begannen sie mit der Produktion. Die Nachfrage wuchs stetig an und die Schneekugeln wurden bereits im 20. Jahrhundert bis nach Indien exportiert. Acht Jahre später erhielt Perzy I. für seine Arbeit sogar eine Ehrung von Kaiser Franz Josef I.

Er führte das Unternehmen trotz Stagnation durch die zwei Weltkriege, zu Beginn der 50er Jahre übernahm dann sein Sohn Erwin Perzy II die Geschäfte. Seit 1955 befindet sich die Manufaktur in der Schumanngasse 87, das Repertoire wurde über die Jahre immer umfangreicher. Außerdem wurden zu dieser Zeit erste Kontakte mit den USA geknüpft, die bis heute einer der wichtigsten Abnehmer sind. Ronald Reagan, Bill Clinton oder Barack Obama sind nur einige wenige Namen auf der Liste der berühmten Persönlichkeiten, die eine Schneekugel aus Wien besaßen bzw. besitzen.

„Heute haben wir vier Standorte, unsere Produkte lagern wir auf 4000 m2 Fläche im Wiener Wald.“ Es gibt nämlich nicht nur Schneekugeln bei Perzy. „Die machen nur 50 Prozent des Umsatzes aus, nebenbei stellen wir auch noch Neujahrsartikel her“, erklärt der Chef und ergänzt, dass sämtliche Kunststoffmotive Großteils aus recyceltem Plastik sind.

Bis auf die Glaskugeln wird alles im Betrieb hergestellt, sogar die Werkzeuge baut Erwin Perzy III selbst. Auch die Figuren werden handbemalt – so entstehen pro Jahr unglaubliche 200.000 Kugeln. Der Fantasie – und auch individuellen Wünschen – sind dabei kaum Grenzen gesetzt. „Nur vor Weihnachten können wir diese nicht mehr erfüllen“, fügt er hinzu. Die Manufaktur ist zwar ein Traditionsbetrieb, hinter diesem steckt aber teils modernste Technik, wie etwa mehrere 3D-Drucker.

Die Schneekugeln „Made in Austria“ werden jedenfalls in die ganze Welt geliefert, vor allem in Japan sind sie extrem populär, erzählt der Geschäftsführer. „Riesenrad, Stephanskirche, Alpen, Häuser, Lipizzaner und Mozart – das sind die beliebteste Motive dort. Wenn man um die Weihnachtszeit nach Japan kommt, hat man das Gefühl, man ist in Steyr beim Christkindlmarkt.“

Wie genau das zauberhafte Wintertreiben in der Kugel überhaupt entsteht, verrät Perzy III. aber nicht: „Die Zusammensetzung des Schnees ist mein persönliches Geheimnis“, lächelt er geheimnisvoll. „Das hat uns noch keiner nachmachen können.“

Info:

Original Wiener Schneekugelmanufaktur mit Museum: Schumanngasse 87, 1170 Wien

Website: www.schneekugel.at

 

Fotos: SOCIETY/Pascal Schrattenecker