Das Österreichische Kulturforum in Belgrad

In unser neue Serie erkunden wir die Österreichischen Kulturforen im Ausland. SOCIETY hat mit dem Direktor des Kulturforums in Belgrad, Amadeus Faltheiner, über die Bedeutung der Kulturdiplomatie gesprochen.

Als eines der Ziele der österreichischen Kulturforen wird auf der Website „Österreich als zukunftsweisendes Land zu positionieren“ genannt. Wie versucht man, dies zu erreichen? Welche Schwerpunkte werden gesetzt?

Wir als Österreichisches Kulturforum Belgrad wollen ein modernes, zeitgemäßes Österreichbild vermitteln – natürlich nicht ohne auf traditionelle und allseits geschätzte Stärken Österreichs zu vergessen. Hierzulande genießt Österreich, das mit Serbien in der Vergangenheit durchaus bewegte und turbulente Beziehungen hatte, einen ausgezeichneten Ruf als Kultur-, Innovations- und Forschungsnation. Der Großteil der Projekte für dieses Jahr dreht sich um das Motto der Österreichischen Auslandskultur „Imagine Dignity“, welche derzeit einen Schwerpunkt auf die Länder des Westbalkans legt. Wir widmen uns dabei u.a. der Kernfrage, wie wir Lebensraum nachhaltig gestalten können – eine Frage, die gerade im serbischen Kontext mit Abwanderung, Brain-Drain, Luft- und Wasserverschmutzung sowie Ressourcenverbrauch eine enorme Bedeutung hat. Verstärkt setzen wir auch auf die Verknüpfung zwischen Kunst und Wissenschaft, die besonders niederschwellig dem breiten Publikum in den vom Kulturforum initiierten „Science Cafés“ präsentiert wird.

Gerade außerhalb der großen Zentren Belgrad und Novi Sad leistet das Kulturforum manchmal „Pionierarbeit“, was von der lokalen Bevölkerung sehr geschätzt wird.

Was kann Kultur zum Austausch zwischen zwei Ländern beitragen? Welche Vorteile hat die Kulturdiplomatie gegenüber der „klassischen“?

Kulturdiplomatie und langjährige Kooperationen zwischen Kunstschaffenden bzw. Wissenschafter:innen aus Österreich und Serbien sind sozusagen der menschliche „Kitt“, der unsere Gesellschaften zusammenhält. Wir kontaktieren laufend österreichische Expert:innen aus Kunst und Wissenschaft, um ihren serbischen Counterparts einen Besuch abzustatten und vor Ort Kapazitätsaufbauworkshops durchzuführen. So können wir dazu beitragen, Serbien für die EU fit zu machen: Denn das Kulturfeld eignet sich ausgezeichnet, um den von Österreich verfolgten Ansatz der graduellen – also schrittweisen – Heranführung der Länder des Westbalkans an die Europäische Union voranzutreiben, da Serbien zu vielen EU-Fonds und -Förderungen für Kunst und Wissenschaft bereits jetzt Zugang hat. Um das nötige Know-How an die serbischen Stakeholder heranzubringen, stehen wir sehr gerne als Türöffner zur Seite.

Wie frei ist das Kulturforum in der Gestaltung des Programms?

Alle Projekte des Kulturforums werden im Einvernehmen mit der Zentralstelle, dem österreichischen Außenministerium, durchgeführt. Die konkrete Ausgestaltung und Umsetzung des Kulturprogrammes erfolgt im Einklang mit den Schwerpunkten der österreichischen Auslandskultur in weitgehender Autonomie.

Wie wird – Ihrem Gefühl nach – das österreichische Kulturforum hier in Serbien wahrgenommen? Wie versucht man, auch Menschen außerhalb von Belgrad zu erreichen? Wie erreicht man generell „Relevanz“ als Kulturforum eines doch recht kleinen Landes?

Das österreichische Kulturforum wird als überaus aktives ausländisches Kulturinstitut in Serbien wahrgenommen, das gemeinsam mit zahlreichen renommierten serbischen Kulturinstitutionen in ganz Serbien Projekte umsetzt, aber auch mit „Außenseitern“ in der serbischen Kulturszene oft neuartige Kooperationen einzugehen wagt. Gerade außerhalb der großen Zentren Belgrad und Novi Sad leistet das Kulturforum manchmal „Pionierarbeit“, was von der lokalen Bevölkerung sehr geschätzt wird. So ist etwa unsere eigens konzipierte Wanderausstellung zu „Austriazismen in der serbischen Sprache“ selbst in entlegenen serbischen Kleinstädten auf großes Interesse gestoßen. Viele Serb:innen erzählten mir, sie hätten zuvor gar nicht gewusst, dass zahlreiche serbische Ausdrücke eigentlich Lehnwörter aus dem österreichischen Deutsch sind. Lustigerweise nennt man hierzulande beispielsweise die Tomaten „paradajz“ (von „Paradeiser“) und der Karfiol heißt auch auf Serbisch so. Der enge Österreich-Bezug auch in der Architektur – insbes. in der autonomen Provinz Vojvodina – ist etwa bei einem Rundgang durch Novi Sad mit seinem an Graz erinnernden Uhrturm, seinen Kirchen und Plätzen klar ersichtlich. Die Relevanz Österreichs ist angesichts der engen bilateralen Beziehungen zu Serbien in allen Bereichen zweifellos gegeben, weshalb Österreich hierzulande zu Recht als wichtiger Player und nicht als „kleines Land“ wahrgenommen wird.

Welche Projekte finden aktuell statt?

Es werden in diesem Jahr große Ausstellungen zu den Themenkreisen „nachhaltige Architektur“ und „nachhaltiges Design“ in Belgrad stattfinden, die von renommierten österreichischen Kulturschaffenden kuratiert werden. Dabei sollen konkrete Ideen gegeben werden, wie Belgrad bzw. Serbien nachhaltiger gestaltet werden kann – sei es bei Infrastruktur und Verkehr oder bei Architektur und Design.

Ein Fixpunkt im Kulturprogramm ist das österreichische Filmfestival mit hochkarätigen Ehrengästen, durch welches eine besonders große Visibilität erzielt wird. Gerade in den Cineplexx-Kinos (eines der vielen österreichischen Unternehmen am serbischen Markt), die in Serbien oft in Einkaufszentren untergebracht sind, erreicht man ein breites Publikum und damit auch viele Menschen, die nicht der liberalen kulturaffinen „Bubble“ angehören. Außerdem werden wir dieses Jahr im Rahmen von EUNIC, also dem Verband der europäischen Kulturinstitute, ein innovatives Stadtplanungsprojekt umsetzen, durch welches vernachlässigte Orte in Belgrad lebenswerter gemacht werden sollen. Dabei werden beispielsweise in einem Betreuungszentrum für Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen sowie in einem Tagesheim für Roma-Kinder in der Belgrader Peripherie Interventionen gesetzt, um das Leben für diese in der serbischen Gesellschaft besonders stark marginalisierten Personengruppen zu verbessern.

Was bereitet Ihnen persönlich an Ihrer Arbeit als Leiter des Kulturforums die größte Freude?

Die zahlreichen persönlichen Begegnungen mit motivierten und idealistischen österreichischen und serbischen Kulturschaffenden sowie das Glücksgefühl, wenn ein Projekt besonders gut klappt und sich vor den Veranstaltungsräumen Warteschlangen bilden, sind für mich große Motivationsquellen.

Fotos: © Österreichische Botschaft/Kulturforum Belgrad